08 Dezember 2005

Simple Wahrheit

Betreff: simple Wahrheit
Datum: Thu, 08 Dec 2005 22:06:23 +0100
Von: Jörn Boewe
Rückantwort: jboe@fab.de, mail@jboe-reporting.de
An: Matthias Kolbeck



Sehr geehrter Herr Kolbeck,

vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort.

Nein, mir ist nicht entgangen, dass es sich bei beiden Szenarien um unterschiedliche Modellrechnungen für einen Ausstieg handelt.

Die in "Szenario 2" geschätzten Kosten trägt das Land nämlich auch wenn die Privatisierungsverträge nicht gekündigt werden (durch Einnahmeverluste, Gewinnverzichte im Rahmen der disproportionalen Gewinnverteilung und - falls das nicht reicht - vielleicht noch durch Zahlungen an die privaten Gesellschafter aus dem Landeshaushalt).

"Szenario 2" geht von einer Last aus, die sich aus den Verpflichtungen ergibt, die das Land Berlin mit den Privatisierungsverträgen gegenüber RWE und Veolia eingegangen ist (garantierte Rendite von r+2% auf das betriebsnotwendige Kapital bis 2028 zzgl. Abschreibungsdifferenzen etc.)

Damit beschreibt es eben nicht nur die Kosten, die bei einem Ausstieg aus den Privatisierungsverträgen möglicherweise auf das Land zukommen könnten - "Szenario 2" zeigt auch, welche Kosten Berlin bei einem Nicht-Ausstieg mit Sicherheit entstehen.

Ich gebe Ihnen trotzdem recht und korrigiere meine ursprüngliche Arbeitshypothese: Eine Berechnung der Senatsverwaltung für Finanzen, dass der Ausstieg aus den Privatisierungsverträgen um mindestens eine Milliarde Euro günstiger für das Land Berlin wäre als die Fortführung der Verträge, existiert in der Tat nicht. Die Senatsverwaltung hat überhaupt keine Ahnung, was der Ausstieg aus den Verträgen kosten würde. Es könnten zwei oder drei Milliarden sein, vielleicht ein bisschen mehr.
Ich weiß es auch nicht.

Wenn sich heute drei Freiberufler zusammentun, um gemeinsam ein kleines Büro anzumieten, schreiben sie die Bedingungen für den Fall des Scheiterns oder Austritts aus der Gemeinschaft auf ein Blatt Papier. Aber bei so einem Milliardending kann man das natürlich schon mal vergessen. Wieviel hat das Land damals an Berater und Anwälte gezahlt? Zwischen 70 und 80 Mio. Euro. War wohl zuwenig. Qualität hat eben ihren Preis.

Anderseits ist diese Situation ja nicht nur schlecht. RWE und Veolia können zufrieden sein, die Sache ist nur für Berlin heikel. Wie das wohl passieren konnte?

Vielleicht sollte ich mir mal anschauen, wer den Vertrag damals entworfen hat - auch auf die Gefahr hin, dass Sie mich dann wieder Verschwörungstheoretiker nennen. Das kommt nicht hin, Herr Kolbeck. Ich bin überhaupt kein Theoretiker, ich bin Praktiker.

Im Übrigen werfe ich der Senatsverwaltung nicht vor, die Bürger zu belügen. Weder pauschal, noch im konkreten Fall. Ich habe nur eine Frage gestellt und Sie haben geantwortet. Dafür vielen Dank.

Was simple Wahrheit mit dem SVZ und der Berlikomm angeht ... "Dreistelliger Millionenbereich" ist ein bisschen vage. Schicken Sie mir doch bitte die Zahlen, und ich stell sie auf die Seite.

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Boewe

06 Dezember 2005

AW: normale Frage

From: Matthias.Kolbeck@senfin.verwalt-berlin.de
To: jboe@fab.de ; mail@jboe-reporting.de
Sent: Tuesday, December 06, 2005 7:50 PM
Subject: AW: normale Frage


Sehr geehrter Herr Boewe,

um ein Mißverständnis, ob absichtlich oder unabsichtlich, handelt es sich in der Tat - und zwar auf Ihrer Seite. Offenbar sind Sie der Auffassung, das Papier, dessen erste Seite Sie mir geschickt haben, stelle mit "Szenario 1" und "Szenario 2" die Alternativen "Zurückkaufen" vs. "Status Quo" einander gegenüber. Das ist aber nicht der Fall, und daher sagt dieses Papier auch mitnichten aus, dass ein Rückkauf für das Land Berlin wirtschaftlich vorteilhaft sei.

Lesen Sie einfach genau, dann wird es deutlich: Beide Szenarien beziehen sich auf die (irreale) Überlegung eines "Rückkaufs" und beschäftigen sich mit der Frage, welche Zahlung die Investoren in einem solchen Fall vom Land Berlin verlangen würden bzw. könnten - also den zu erwartenden Lasten im Fall eines Vertragsbruchs durch das Land Berlin. Szenario Eins fusst auf der Annahme, es müsse dann "nur" der Kaufpreis zurückerstattet werden. Szenario Zwei fusst (grob überschlägig) auf der Annahme, die Investoren würden in einem solchen Fall versuchen, für die ihnen auf lange Sicht (auch in der Zukunft) entgehenden Erträge entschädigt zu werden - was wahrscheinlich wäre. Wie Sie sehen, widerspricht dies nicht der von Ihnen zitierten Feststellung aus dem Widerspruchsbescheid in Sachen Akteneinsicht: Eine Berechnung der Senatsverwaltung für Finanzen, dass der Ausstieg aus den Privatisierungsverträgen um mindestens eine Milliarde Euro günstiger für das Land Berlin wäre als die Fortführung der Verträge, existiert nicht.

Wir pflegen übrigens weder Bürger noch Journalisten zu belügen, ich finde diesen Vorwurf ungeheuerlich. Vielleicht sollten Sie es in Ihrer Berichterstattung zum Thema zunächst einmal selbst mit der Wahrheit genauer nehmen - auch wo sie vielleicht nicht zu ihrem vorgefassten Erklärungsmuster ("Teilprivatisierung=Gaunerei") passt. Man kann von einem Journalisten erwarten, dass er auch Fakten zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt, die seiner ursprünglichen Arbeitshypothese nicht entsprechen. Ihr 'Waterblog' folgt leider offenbar anderen Prinzipien: Legendenbildung und Verschwörungstheorie unter Ausblendung der nicht ins vorab festgelegte Bild passenden Aspekte der Realität. Sie wollen ihren Lesern ja nicht einmal die simple Wahrheit zumuten, dass ohne die privaten Mitgesellschafter das Land/der Steuerzahler z.B. auch die Abwicklung der finanziellen Altlasten Schwarze Pumpe und Berlikomm allein zu tragen gehabt hätte - eine Belastung im dreistelligen Millionenbereich.

Mit besten Grüßen,

Matthias Kolbeck
- Pressesprecher -
___________________________
Senatsverwaltung für Finanzen
Klosterstraße 59
10179 Berlin
T. +49-30-9020-4172
F. +49-30-9020-2609
www.berlin.de/sen/finanzen

Normale Frage

Betreff: normale Frage
Datum: Tue, 06 Dec 2005 14:29:21 +0100
Von: Jörn Boewe
Rückantwort: jboe@fab.de, mail@jboe-reporting.de
An: Matthias.Kolbeck@senfin.verwalt-berlin.de



Sehr geehrter Herr Kolbeck,

mit dem verwaltungsrechtlichen Verfahren nach dem IFG hat diese Angelegenheit nur am Rande zu tun.

Dass die Finanzverwaltung in der Frage der Akteneinsicht in die Privatisierungsverträge eine andere Rechtsauffassung vertritt als ich, ist völlig okay und wäre gegebenfalls eine Frage, die nur die Verwaltungsgerichte klären könnten. Damit werde ich Ihre Zeit nicht verschwenden.

Darum geht es hier aber nicht. Es geht es überhaupt nicht um juristische Dinge.

Die Frage ist, ob ich als Bürger damit rechnen muss, von der Finanzverwaltung mit falschen Tatsachenbehauptungen abgespeist zu werden. Als Journalist wissen Sie doch, was das ist. Manchmal passiert es aus Fahrlässigkeit. Jemand hat sich schlecht informiert - naja, sowas ist peinlich, kommt aber vor. Man entschuldigt sich und stellt die Dinge richtig.

Wer sowas dagegen vorsätzlich macht, muss es sich gefallen lassen, wenn man ihn einen Lügner nennt.

Auch das gilt nicht jedem als ehrenrührig. Sie erinnern sich, vor sieben Jahren verkündete Franz Müntefering, der schlaue Fuchs, seinen Schlüsselsatz, dass man "Journalisten doch belügen" dürfe. Offenkundig hat das seiner Karriere nicht geschadet. Immerhin war er aber so ehrlich zuzugeben, dass er hin und wieder öffentlich lügt - und wir haben den Vorteil davon, dass wir wenigstens bescheid wissen, woran wir mit ihm sind. Das ist doch fast sowas wie ein fairer Deal.

Ich weiß ja nicht, wie die Dinge in Ihrem Hause in diesem Fall liegen. Hat sich nur jemand geirrt? Oder darf man die Bürger belügen? Wollen Sie - Ihre Behörde, Ihr Dienstherr - diesen doch sehr unschönen Eindruck wirklich im Raum stehen lassen?
No comment?

Ich für meinen Teil würde der Finanzverwaltung gern die Gelegenheit geben, die Sache gerade zu rücken und stelle deshalb meine ganz normale journalistische Frage:

Existiert diese Berechnung nun oder nicht? Und wenn ja: Wieso wird ihre Existenz bestritten - in einem amtlichen Dokument - um einen - unbequemen - Antrag in Akteneinsicht zurückzuweisen? Hält man das in Ihrem Hause für legitim?

Vielleicht war es ja auch nur ein Versehen oder ein Missverständnis. Das wäre doch das Beste für alle Beteiligten, meinen Sie nicht auch?

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Boewe

Re: Was soll man davon halten?

Sehr geehrter Herr Boewe,

wie Sie wissen, sind Anträge auf Akteneinsicht nach dem IFG sind nicht Angelegenheit des Pressesprechers - bitte halten Sie sich in dieser Sache auch weiterhin an den Dienstweg. Für normale Presseanfragen stehe ich Ihnen natürlich - wie gewohnt - zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Kolbeck
- Pressesprecher -
___________________________

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05 Dezember 2005

Was soll man davon halten?

Betreff: Was soll man davon halten?
Datum: Mon, 05 Dec 2005 17:20:41 +0100
Von: Jörn Boewe
An: pressestelle@senfin.verwalt-berlin.de


Sehr geehrter Herr ...,

im März hatte ich bei der Senatsverwaltung für Finanzen einen Antrag auf Akteneinsicht in die Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe gestellt. Der Antrag wurde abgelehnt. Ich legte Widerspruch ein, der Widerspruch wurde zurückgewiesen.

Soweit so gut und auch nicht sonderlich überraschend. Allerdings gibt es im Widerspruchsbescheid (ZS AbtL 4 - Just 27/05) etwas, das mich dann doch verblüffte.

Dort schreibt Herr B. von der Rechtsabteilung:

"Eine Berechnung der Senatsverwaltung für Finanzen, dass der Ausstieg aus den Privatisierungsverträgen um mindestens eine Milliarde Euro günstiger für das Land Berlin wäre als die Fortführung der Verträge, existiert nicht, deshalb konnte wohl auch kein Quellennachweis vorgelegt werden."

Ich weiß nicht, was ich von dieser Aussage halten soll, aber vielleicht können Sie mir den Gefallen tun und Herrn B. fragen, wofür er das Dokument hält, das ich Ihnen als Anlage beifüge.



Vielen Dank für Ihre Bemühungen.

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Boewe

29 November 2005

WASG fordert Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe

Der Berliner Landesparteitag der WASG am 26./27.November hat beschlossen, in den nächsten Monaten eine Kampagne gegen die Privatisierung weiterer öffentlicher Dienstleistungen durchzuführen. Bislang forderte die WASG den „Rückkauf“ der Berliner Wasserbetriebe. Unter Beifall erklärte Daniel Behruzi, dass zwei Milliarden Rückkaufkosten Geschenke für RWE und Veolia wären, die wir nicht gutheißen können. Zumal RWE letztes Jahr 1,6 Milliarden Euro Profit erzielte. Dementsprechend wurde „Rückkauf“ in „Rekommunalisierung“ geändert.

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Angeblich will sich die RWE als Miteigentümer der Berliner Wasserbetriebe zurückziehen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Obwohl der Energiekonzern RWE dementiert, halten sich hartnäckig Branchengerüchte, dass der Miteigentümer der Berlinwasser-Holding seine Anteile an dem großen Versorgungsunternehmen verkaufen will – entweder an das Land Berlin oder an den privaten Gesellschafter Veolia. Berlin ist mit 50,1 Prozent Mehrheitseigentümer. Unter dem Dach der Holding arbeiten die Berliner Wasserbetriebe als Anstalt des öffentlichen Rechts.

Diese komplizierte Konstruktion wurde 1998 erfunden, als der Senat aus CDU und SPD die Berliner Wasserversorgung teilweise privatisierte. Für knapp 1,7 Milliarden Euro kauften RWE und Veolia (damals noch Vivendi) 49,9 Prozent der Anteile vom Land. Im Konsortialvertrag wurde festgelegt, dass die Kaufverträge erst 2028 auslaufen und frühestens 2023 kündbar sind. Nur aus „wichtigem Grund“, also bei groben Vertragsverletzungen könnten Käufer oder Verkäufer vorzeitig aussteigen. Es sei denn, alle Gesellschafter einigen sich auf die Kündigung oder auf neue Verträge.

Die bestehenden Verträge – und das vom Abgeordnetenhaus beschlossene Teilprivatisierungsgesetz – sind seit Jahren umstritten. Wirtschafts- und Finanzexperten aus allen fünf Parlamentsparteien halten den – für das Land angeblich so lukrativen Verkauf von 49,9 Prozent der Wasserbetriebe – für einen Rohrkrepierer. Denn das Gesetz und die Verträge garantierten den privaten Investoren langfristig eine sehr attraktive Kapitalverzinsung, hauptsächlich auf Kosten der Kunden. Seit Januar 2004 stiegen die Wasserpreise in Berlin um 20 Prozent. Eine weitere Tarifanhebung wurde bereits angekündigt. In der SPD wird deshalb seit Monaten diskutiert, ob die teilweise Privatisierung des Wasserunternehmens nicht rückgängig gemacht werden kann. Am Sonnabend forderte ein SPD-Landesparteitag den Senat auf zu prüfen, unter welchen Bedingungen dies möglich sei. Wohl nur, so viel lässt sich jetzt schon sagen, wenn das Land für den Rückkauf der Anteile mindestens 1,7 Milliarden Euro Kredite aufnimmt.

Parallel zu dieser Debatte wurde in Unternehmenskreisen das Gerücht gestreut, die privaten Investoren hätten die Lust an ihrem Berliner Engagement verloren. Helmut Lölhöffel, Sprecher von Veolia Water Deutschland, widersprach gestern energisch. „Die Partnerschaft mit Berlin funktionierte bisher ausgezeichnet, und wir sind sehr daran interessiert, diese Zusammenarbeit fortzusetzen.“

Das RWE-Vorstandsmitglied Klaus Sturany sagte kürzlich bei der Vorstellung des Quartalsberichts, dass es im Unternehmen keine Diskussionen über einen Ausstieg aus der Wasserholding gebe. Allerdings hat sich die RWE schon aus dem Wassergeschäft in USA und Großbritannien zurückgezogen. Im Fall des Falles würde sich der Partner Veolia dem Vernehmen nach nicht dagegen sperren, die RWE-Anteile zu übernehmen.

Quelle: Tagesspiegel, 28.11.2005

28 November 2005

Persilschein für die GASAG

GASAG
Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft, Pressemitteilung vom 28.11.2005:

"Mit Schreiben vom 22. November 2005 hat die GASAG die Landeskartellbehörde Berlin und die Verbraucherzentrale Berlin darüber informiert, dass ein unabhängiges Wirtschaftsprüfungsunternehmen die Preisanpassung zum 01. Oktober 2005 folgendermaßen testiert hat:

„Die GASAG hat zum 01.10.2005 ihre veröffentlichten Gaspreise um 0,5 ct/kWh angehoben. Nach unseren Berechnungen steigen die spezifischen Gaseinkaufskosten für den Zeitraum 01.10.2005 bis 31.12.2005 im Vergleich zum vorherigen Zeitraum (01.12.2004 bis 30.09.2005) mindestens im gleichen Umfang wie die zum 01.10.2005 vorgenommene Tarifpreiserhöhung um 0,5 ct/kWh.“

Darüber hinaus hat das Wirtschaftsprüfungsunternehmen festgestellt, dass die spezifischen Gaseinkaufskosten der GASAG im ersten Quartal 2006 weiter ansteigen."

27 November 2005

SPD-Parteitag: Senat soll Ausstieg aus Privatisierung der Wasserbetriebe prüfen

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hat die Bundes-SPD ermahnt, „das Ziel, eine Mehrheit links von der Mitte zu gewinnen, auch in der großen Koalition nicht aus dem Auge zu verlieren“. Die SPD dürfe sich selbst keine Tabus auferlegen, sagte Wowereit gestern auf dem Landesparteitag der Sozialdemokraten. Zuvor hatte der neue Generalsekretär der Bundes-SPD, Hubertus Heil, versichert, die Bundespartei werde sich nicht in die Pläne der Landesparteien einmischen: „Wer wo mit wem koaliert, muss vor Ort entschieden werden.“ Heil nannte Wowereit einen „sehr, sehr wichtigen Ministerpräsidenten“ und versprach eine engagierte Unterstützung durch die Bundespartei im Wahlkampf 2006. Am 17. September nächsten Jahres wird das Abgeordnetenhaus neu gewählt.

Trotz der derzeit günstigen Meinungsumfragen mahnte der SPD-Landeschef Michael Müller: Es gebe keinen Grund, sich selbstzufrieden zurückzulehnen. Dennoch geht die SPD-Spitze recht optimistisch ins Wahljahr 2006. Die Aufstellung der Kandidaten für das Abgeordnetenhaus ist fast abgeschlossen. Zwar wird Klaus Wowereit erst im Mai auf einem Landesparteitag zum Spitzenkandidaten gekürt, aber sein Ortsverband Halensee hat ihn als erstes SPD-Gremium bereits einstimmig nominiert. Zudem freut sich die Partei über rund 1000 Neueintritte in diesem Jahr, sie ist damit um 600 Mitglieder gewachsen. Zuletzt war die Mitgliederzahl stark rückläufig.

Laut ihrer gestern beschlossenen wirtschaftspolitischen Linie will die SPD zukunftsträchtige Branchen und den Mittelstand fördern. Die Tarifautonomie dürfe nicht angetastet werden. SPD-Landeschef Müller bekannte sich ausdrücklich zu den öffentlichen Versorgungsunternehmen. Zudem forderte der Parteitag den Senat auf zu überprüfen, ob die umstrittene Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe rückgängig gemacht werden kann. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) kritisierte die wirtschaftspolitischen Vorhaben als „realitätsfremd, oberflächlich und widersprüchlich“. So sei die Privatisierung öffentlicher Betriebe ausgeblendet worden. Zudem wolle die SPD Fördermittel weiterhin nach dem Gießkannenprinzip verteilen. Auch beim Bürokratieabbau springe die SPD zu kurz. za

Quelle: Tagesspiegel, 27.11.2005

18 November 2005

Steigende Wasserpreise: Schluss mit der Gewinngarantie

KOMMENTAR
VON ULRIKE HEIKE MÜLLER

Beinahe haben wir uns daran gewöhnt. Pünktlich zum 1. Januar erhöhen die Berliner Wasserbetriebe (BWB) jedes Jahr den Preis für das Nass. Fluchen hilft da wenig. Die 3,7 Millionen Kunden in und um Berlin müssen ein ums andere Mal tiefer in die Tasche greifen und die Preiserhöhung schlucken. Denn anders als beim Strom können sie nicht einfach den Anbieter wechseln. Als Monopolist haben es sich die BWB gemütlich gemacht. Koste es, was es wolle - wir alle brauchen Wasser zum Leben.


Formal begründen die Wasserbetriebe den neuerlichen Preissprung mit dem sinkenden Wasserverbrauch der Berliner sowie mit höheren Energiekosten. Doch ein Blick hinter die Kulissen offenbart eine andere Realität: Die BWB fuhren im vergangenen Jahr einen satten Gewinn ein. Da könnte ein Unternehmen, das zu 50,1 Prozent noch immer in Landeseigentum ist, ruhig auf ein paar Millionen Gewinn verzichten.

Angesichts der lahmen Konjunktur wäre das doch mal ein Beitrag, um die Berliner von ihrer Kaufzurückhaltung abzubringen. Geht aber leider nicht. Weil das Land beim Verkauf von 49,9 Prozent seiner Anteile den Investoren einen hübschen Gewinn garantiert hat. Und damit der Rubel rollt, müssen eben die Preise steigen.

Das kann nicht einfach so geschluckt werden. Die Fachleute in der Preisprüfungsbehörde, die das Vorhaben noch genehmigen müssen, sollten deshalb ganz genau hinschauen, ob es aus wirtschaftlichen Gründen tatsächlich gerechtfertigt ist. Und Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) muss den alten Kaufvertrag noch einmal aus der Schublade holen und prüfen: Die Klausel mit der Gewinngarantie muss weg. Wer Gewinne machen will, muss auch das Risiko dafür tragen - und nicht, wenn es schief geht, sich von den Steuerzahlern alimentieren lassen. So einfach ist das eigentlich.

Quelle: taz berlin, 18.11.2005

Ab Januar wird das Wasser erneut teurer - Beschluss des Aufsichtsrates

BLZ/cri. Es ist beschlossene Sache: Ab Januar 2006 werden die Wasserpreise erneut steigen. Der Aufsichtsrat der Berliner Wasserbetriebe (BWB) entschied am Mittwochabend, die Tarife um durchschnittlich 2,5 Prozent anzuheben. Nun muss noch die Preisprüfungsbehörde bei Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS) der Tarifanhebung zustimmen, doch dies gilt als reine Formsache.

Der Wasserpreis ist damit seit 2004 um mehr als 20 Prozent gestiegen. Künftig kostet ein Kubikmeter Wasser statt 4,67 Euro nun 4,77 Euro. Dabei steigt der Preis für einen Kubikmeter Trinkwasser von 2,21 Euro auf 2,30 Euro, für einen Kubikmeter Abwasser von 2,45 Euro auf 2,47 Euro. Die neuen Tarife führten pro Person zu Mehrausgaben von durchschnittlich 0,8 Cent pro Tag - oder jährlich von 2,89 Euro, sagte der Sprecher der Wasserbetriebe, Stephan Natz. "Damit bewegt sich die Tarifanpassung auf der Höhe der Inflationsrate."

Grund für die erneute Preisanhebung seien der weitere Rückgang des Wasserverbrauchs sowie die gestiegenen Energiekosten für Strom und Treibstoff. Der Wasserabsatz in Berlin sei in diesem Jahr erneut um 2,5 Millionen Kubikmeter gegenüber dem Jahr 2004 zurückgegangen, so Natz. Durchschnittlich nutzt jeder Berliner 117 Liter Wasser pro Tag. Für 2006 erwarten die Wasserbetriebe allerdings einen Rückgang um einen weiteren Liter. Damit steigen die Fixkosten - beispielsweise für den Erhalt des Rohrnetzes - und deshalb auch die Tarife.

Eine Umstellung des Tarifsystems von dem reinen Verbrauchspreis auf einen Grund- und einen Mengenpreis - vergleichbar der Strom- und Telefonabrechnung - beschloss der Aufsichtsrat nicht. Wirtschaftssenator Wolf und die Wasserbetriebe wollen ein solch neues System zwar gerne einführen, scheitern bislang aber an dem Widerstand des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD). Der CDU-Abgeordnete Stephan Tromp erklärte am Donnerstag, die Preiserhöhung sei "schädlich" für den Wirtschaftsstandort Berlin. (cri.)

Quelle: Berliner Zeitung, 18.11.2005

16 November 2005

Olympiastadion: Nach Privatpleite übernimmt Berlin die Schulden

Berlin (dpa/bb) - Sportsenator Klaus Böger (SPD) hat die bevorstehende Übernahme des Olympiastadions durch das Land Berlin als alleiniger Pächter trotz drohender hoher Millionenkosten verteidigt. Die «Riesenschüssel ist kein Klotz am Bein sondern ein Juwel», sagte Böger im Sportausschuss des Abgeordnetenhauses, der am Mittwoch im Olympiastadion tagte. Er räumte ein, dass in Folge der Insolvenz des Bauträgers das Land einen verbürgten Kredit von 46 Millionen Euro übernehmen müsse. Die Opposition kritisierte scharf fehlende Zahlen.

Quelle: Morgenpost Newsticker

Felicitas Kubala, sportpolitische Sprecherin der grünen Fraktion im Abgeordnetenhaus erklärte dazu:

Olympia-Stadion – Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren

Das Land Berlin muss für die Verluste der Olympia-Stadion GmbH einstehen, nachdem die Walter-Bau GmbH in die Pleite gegangen ist. Die Probleme der Vermarktung des Olympia-Stadions und der schwelende Konflikt um den Lärmschutz, sowie die desolate Situation von Hertha BSC, die ihren Zahlungsverpflichtungen an die Betreibergesellschaft nicht nachkommen konnte, wurden lange unter den Tisch gekehrt.

Jetzt wurde wieder einmal eine Berlin-typische Lösung gefunden: Die Gewinne werden privatisiert und die Verluste sozialisiert. Kredite der Betreibergesellschaft in Höhe von mehr als 40 Millionen Euro und eine zusätzliche Zinslast von 2 Millionen Euro pro Jahr werden auf den Landeshaushalt abgewälzt.

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Lafontaine: Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe rückgängig machen!

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag fordert, die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe rückgängig zu machen. Im junge-welt-Interview mit Jürgen Elsässer sagte Lafontaine:

"Selbstverständlich müssen viele Privatisierungen der letzten Jahre rückgängig gemacht werden. Das fängt bei den Berliner Wasserbetrieben an. Im Bildungssystem wie im Gesundheitssystem hat der Staat die Aufgabe, für das Wohl der Allgemeinheit zu sorgen – Privatschulen und private Leistungen bei der medizinischen Betreuung sind nur als Ergänzung sinnvoll."

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Quelle: junge welt, 15.11.2005

15 November 2005

Kriminalität: 150 Beschuldigte im Frankfurter Immobilien-Skandal

Von Helmut Schwan

13. November 2005 Der „Frankfurter Immobilien-Skandal” ist längst über sich hinausgewachsen. Berlin, München, Prag oder London tauchen in den Akten der Staatsanwaltschaft als Adressen auf, mal als Standorte ruchbarer Investitionen, mal als Büroanschrift von Verdächtigen oder Zeugen. Ein Ende der Ermittlungen ist laut Doris Möller-Scheu, Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft, nicht abzusehen. Das liegt zum einen an der großen Zahl von rund 150 Beschuldigten - rund zwei Dutzend saßen bisher in Untersuchungshaft -, aber auch an den weitreichenden Verästelungen und an den Schattierungen der Korruptionsaffäre. In ihrem Dunstkreis tauchten sogar illegale Geschäfte bei der Vermittlung von Putzkräften in Hotels auf.


Der neueste Ableger führt wieder zurück in die Frankfurter City. Derzeit sind fünf Männer inhaftiert, die beschuldigt werden, bei den Aufträgen für den Umbau des Japan-Centers manipuliert zu haben. Der die Finanzwelt vor allem irritierende Kern der Affäre, der Verdacht, daß hochrangige Manager von Immobilienfonds gegen Schmiergeld oder private Vergünstigungen Hochhäuser ins Portfolio nahmen, erscheint inzwischen eingekreist.

Illegale Nebeneinkünfte bei Geschäften mit 18 Immobilien

Als sicher stufen die Ermittler ein, daß beim Erwerb oder der Vermarktung von 18 Immobilien illegale Nebeneinkünfte erzielt wurden; mit einiger Wahrscheinlichkeit wird sich die Zahl der Objekte noch deutlich erhöhen. In Frankfurt zählen dazu unter anderen das von der Deutschen Bank errichtete Investment Banking Center (IBC) in der Nähe der Messe und das Skyper-Hochhaus des Deka-Fonds, außerdem in Wiesbaden ein Komplex im Abraham-Lincoln-Park. Das von den Machenschaften berührte Investitionsvolumen wird derzeit auf drei bis vier Milliarden Euro geschätzt, aber am Ende der Ermittlungen könnten es auch fünf sein, heißt es.

Die Summe der Schmiergelder - eingerechnet Vergünstigungen wie die Hilfe beim Bau von Privathäusern - beträgt nach vorläufigen Berechnungen mehr als zwölf Millionen Euro. Zu der sogenannten Angestelltenbestechung kämen als mögliche Delikte Untreue, Betrug, Geldwäsche und Steuerhinterziehung hinzu, berichtet die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Daß Schmiergeld nicht als Einnahme angegeben wurde, ist für die Ermittler nicht überraschend, aber als neue Komponente kam offenbar hinzu, wie die Geberseite den Fiskus prellte: Ein auch als Kunstmäzen bekannter Frankfurter Immobilienkaufmann steht im Verdacht, zur Verschleierung der Bestechungszahlungen Scheinrechnungen für nie erbrachte Beratung erstellt und als Mittelsmann das Schmiergeld weitergeleitet zu haben. Über Verlustvorträge soll er es vermieden haben, für die „Beratung” Steuern zahlen zu müssen.

Keine Anzeichen für Netzwerk

Obwohl die Manipulationen gut organisiert gewesen seien, gebe es keine Anzeichen für ein in der Branche weitverbreitetes Netzwerk, sagt Oberstaatsanwältin Möller-Scheu. Es war wohl eher ein Gewebe von freundschaftlichen Beziehungen und Geneigtheiten der Akteure am Finanzplatz Frankfurt. Zu Beginn der Ermittlungen hatte sich nicht ahnen lassen, welche Kreise der Fall ziehen würde. Die Unterlagen füllen nach einer Serie von Durchsuchungen inzwischen mehrere hundert Umzugskisten.

Der Chef der Frankfurter Korruptionsermittler, Wolfgang Schaupensteiner, hatte die Ermittlungen im Jahr 2003 gegen einen Gebäude-Manager einer Immobilentochter der Deutschen Bank eingeleitet. Der inzwischen zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilte frühere „Edelhausmeister” des Frankfurter Trianon-Hochhauses - wie sich der Neunundfünfzigjährige im Prozeß selbst nannte - hat nach den Feststellungen des Landgerichts insgesamt rund eine Million Euro dafür kassiert, daß er Firmen bei Bauaufträgen oder der Beschaffung von Computern bevorzugte.

Das war zwar auch für die hartgesottenen Frankfurter Strafverfolger eine beachtliche Dimension, aber auch zu ihrer Überraschung nur der Einstieg zu einer höheren Ebene der Korruption. Im Sommer 2004 schließlich schreckte die Entlassung des Deka-Fonds-Geschäftsführers Michael Koch „wegen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten” die Branche auf. Er wurde ebenso verhaftet wie Hans Günter Seckerdieck, damals Manager der Fondsgesellschaft DG Anlage, zuvor bei der Deutsche-Bank-Tochter DB Real Estate.

Eine Art Kartell entwickelt

Nach den bisherigen Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft und der Wirtschaftsfachleute der Kriminalpolizei hatten sie zusammen mit ihrem „Berater” eine Art Kartell entwickelt: Bauunternehmer, Architekten, Makler oder Projektentwickler erhöhten ihre Chancen, von den Fonds finanziert oder beauftragt zu werden, indem sie deren Managern „Provision” zukommen ließen. Aber auch an Transaktionen zwischen den Fonds sollen diese wechselseitig profitiert haben. Ob und in welchem Ausmaß Anleger dadurch geschädigt wurden, ist jedoch offenbar auch von Wirtschaftsprüfern schwerer zu bemessen, als es zunächst den Anschein hatte: So soll ein Architekt, dem ein Fondsmanager zu verstehen gegeben habe, er könne entscheiden, wer den Auftrag zur Planung eines Hochhauses erhalte, das Schmiergeld vom späteren Honorar abgezweigt haben.

Noch komplizierter wird es, wenn im nachhinein bewiesen werden muß, daß der Preis zum Zeitpunkt der Immobilientransaktion nicht marktgerecht gewesen sei. Die Kooperation mit den Banken als den Müttern der Fonds sei gut, heißt es aus Justizkreisen. Aber auch sehr aufwendig: Mittlerweile ist der Bericht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zu den Vorfällen eingetroffen. Allerdings eignet sich das Werk kaum als Bettlektüre. Es ist rund 600 Seiten dick, prall gefüllt mit Zahlen, Bilanzen, Marktanalysen.

Quelle: Rhein-Main-Zeitung, 15.11.2005

Große Koalition will börsennotierte Immobilienwerte

Berlin - Das neue Regierungsbündnis hat sich im Koalitionsvertrag grundsätzlich für die Einführung von Real Estate Investment Trusts (Reits) ausgesprochen. Es handelt sich dabei um börsennotierte Unternehmen, die ausschließlich in Immobilien investieren und ihre Gewinne nahezu vollständig an die Anleger ausschütten. Mit den Reits soll ein liquider Immobilienhandel möglich werden, den es so in Deutschland noch nicht gibt. Experten beziffern das Potential des Marktes in Deutschland in den kommenden fünf Jahren auf etwa 60 Mrd. Euro.


Die Koalitionäre wollen jedoch zunächst sicher stellen, daß eine verläßliche Besteuerung der Erträge beim Anleger gesichert ist und positive Wirkungen auf Immobilienmarkt und Standortbedingungen zu erwarten sind. Das Finanzministerium hatte eine Einführung bislang für Beginn des kommenden Jahres in Aussicht gestellt. Nun ist es fraglich, ob sich dieser Zeitplan noch halten läßt. Im Koalitionsvertrag findet sich kein Datum.


Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) fordert die Einführung von Real Estate Investment Trusts (Reits) hingegen noch im Jahr 2006. "Nur mit Reits haben Bauträger und andere immobilienwirtschaftliche Unternehmen die Möglichkeit, sich die nötige Liquidität für Investitionen zu beschaffen", sagte BFW-Vorsitzender Walter Rasch. Bisher konnten Immobilienunternehmen diese Liquidität in der Regel über Banken bekommen. Dies wird jedoch immer schwieriger. Ursache dafür sind zum einen der Rückzug der öffentlichen Hand aus der Wohnungsbauförderung, vor allem aber die als "Basel II" bekannten neuen Eigenkapitalrichtlinien der Banken, die verschärfte Kriterien bei der Kreditvergabe vorsehen. Nach den Vorstellungen des BFW dürften Immobilien für die Reits vor allem von Industrieunternehmen und Wohnungsbaugesellschaften, aber auch von der öffentlichen Hand veräußert werden. "Wir erwarten ein Mobilisierungspotential in Höhe von 60 bis 100 Mrd. Euro", berichtet Rasch. Der Staat hat nach Auffassung des BFW angesichts der dringenden Haushaltssanierung nicht die Kraft, ein derart großes Investitionspotential zu bewegen.


Besonders wichtig seien die rasche Einführung der Reits und damit die Schaffung eines alternativen liquiden Kapitalmarktes angesichts der sich abzeichnenden konjunkturellen Erholung. "Sollte der Reit-Markt nicht eröffnet werden, könnte der Aufschwung, den der Staat zu stimulieren versucht, verpuffen, mit allen negativen Folgen für den Arbeitsmarkt", so Rasch. Mit der Einführung von Reits könnte die öffentliche Hand dagegen stille Reserven mobilisieren und so Haushaltsmehreinnahmen erwarten.


Eile bei der Einführung von Reits sei auch deshalb geboten, weil ausländische Kapitalanleger, die in ihrem eigenen Land bereits über Reits verfügen, auch in Deutschland Immobilieninvestitionen tätigen und damit mit den hiesigen Immobilienunternehmen im Wettbewerb stehen. "Solange hierzulande keine Reits eingeführt werden, bleiben die deutschen Immobilienunternehmen gegenüber den ausländischen Immobilienunternehmen im Nachteil", warnte Rasch. Auch der Anlegerschutz würde durch die Reits verstärkt, hieß es. ru


Quelle: Die Welt, 15. November 2005

14 November 2005

Berliner Wasser: Grüne fordern Neuverhandlung des Privatisierungsvertrags

Die Grünen verlangen Maßnahmen gegen die hohen Wasserpreise in der Hauptstadt. Der Vertrag über die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) von 1999 müsse neu verhandelt werden, sagte die umweltpolitische Sprecherin Felicitas Kubala am Montag. "Wasserpreiserhöhungen wegen der versprochenen Rendite für die Anteilseigner müssen ausgeschlossen werden." Wasser in Berlin ist in diesem Jahr im Schnitt um 5 Prozent, im vergangenen Jahr um 15 Prozent teurer geworden. Derzeit kostet ein Kubikmeter Trink- und Abwasser 4,66 Euro. Bei der Privatisierung seien Anforderungen an eine zukunftsfähige Wasserpolitik ignoriert worden, so Kubala. DPA

Quelle: taz, 8.11.2005

02 November 2005

Gasag-Preise: Berliner Senat reagiert nicht deutlich genug

Gasag-Preise in der Kritik
Verbände bemängeln: Berliner Senat reagiert nicht deutlich genug

Von Michaela von der Heydt

Der bundesweit größte Gasversorger, die Berliner Gasag, dreht erneut an der Preisschraube. Und der rot-rote Berliner Senat reagiere zu lasch, kritisieren Verbraucherschützer.

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Quelle: Neues Deutschland, 2.11.05

Wirtschaftssenator Wolf empfiehlt

der Gasag, ihre Preiskalkulation gegenüber der Kartellbehörde offen zu legen, damit die angekündigten Preiserhöhungen nachvollziehbar seien.

Anfang Oktober hatte die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft ein diesbezügliches Auskunsftsersuchen an die Gasag gerichtet, auf das der Versorger offenkundig noch nicht geantwortet hat.

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28 Oktober 2005

Berliner Wassergeschäft lukrativ für RWE

RWE will sich vom Großteil seiner Wassersparte trennen. Nicht davon betroffen sind lediglich die Beteiligungen in Berlin (Berliner Wasserbetriebe) und Zagreb, die offenkundig als überaus lukrativ eingeschätzt werden - Renditegarantie lässt grüßen!

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Quelle: www.finanzen.net

Experten: Fixtarif der Gasag zu teuer

BERLIN, 24. Oktober. Verbraucherschützer haben Gas-Kunden vor zu teuren Fixtarifen der Gasag gewarnt. "Wer glaubt, der Festpreistarif sei der günstigste aller Gasag-Tarife, der irrt", heißt es in einer Mitteilung der Verbraucherzentrale Berlin. Bei Berechnungen sei festgestellt worden, dass alle Gasag-Fix-Kunden, die sich bei der Verbraucherzentrale gemeldet hatten, beim Tarif Gasag-Aktiv um 3,2 bis 7,4 Prozent billiger weggekommen wären.

Die Verbraucherschützer beklagten zudem die enormen Preiserhöhungen innerhalb eines Jahres. "Die Gaspreis-Erhöhung mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 liegt zwischen 8,62 Prozent bei dem gesetzlichen Tarif und 23,08 Prozent bei dem Tarif Gasag Fix 1 beziehungsweise 25,71 Prozent beim Gasag Fix 2."

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Quelle: Berliner Zeitung, 25.10.2005

25 Oktober 2005

junge welt: Bahn verschrottet Loks und Waggons

Verantwortlich für die Vernichtung von Volksvermögen: Privatisierungsinitiatoren aus Wirtschaft und Politik

Von Winfried Wolf

Die Aufregung ist groß: Am 20. Oktober wurde im ARD-Magazin »Kontraste« (rbb) darüber berichtet, daß die Deutsche Bahn AG funktionstüchtige Waggons und Loks zerstört und verschrottet. Einige von ihnen hätten »sogar noch sechs Jahre TÜV«, heißt es da. Es handle sich um Waggons, »nach denen andere (private) Betreiber händeringend suchen«. »Kontraste« zitiert dabei aus einem »streng vertraulichen Beschluß des (Bahn-) Vorstands, gezeichnet Mehdorn«, in dem es heißt: »Nicht mehr benötigte Güterwagen werden aus ... wettbewerblichen Gründen nicht an Dritte veräußert.«
Besonders harsch fallen die Kommentare aus, weil doch »100 Prozent der Deutschen Bahn AG Eigentum der Steuerzahler sind.«

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24 Oktober 2005

Stunde der Wahrheit im Januar?

Die Berliner Wirtschaftsverwaltung schlägt einen schärferen Ton gegenüber der Gasag an. Sollte der Monopolist die Preise wie angekündigt im Januar erneut anheben, werde die Senatsverwaltung auf jeden Fall ein kartellrechtliches Prüfverfahren einleiten, sagte Chrsitoph Lang, Sprecher von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke), dem Berliner Tagesspiegel (Ausgabe vom 22. Oktober 2005).

Man darf gespannt sein.


Quelle: Der Tagesspiegel, 22.10.2005 und rbb-online.de

20 Oktober 2005

ND: »Das Projekt Linkspartei kann nicht darin bestehen, Fundamentalopposition zu machen«,

weist Wolf entsprechende Forderungen der WASG zurück, etwa nach einem Rückkauf der Wasserbetriebe. »Das mache ich gern, wenn die WASG mir zwei Milliarden Euro gibt.«

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Dass die Forderung nach einem Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe im "Neuen Deutschland" als Ausdruck von "Fundamentalopposition" betrachtet wird, ist schon komisch, obwohl es auch ein bisschen traurig ist.

Wenn er nur "zwei Milliarden Euro" hätte, würde er die Berliner Wasserbetriebe gern zurückzukaufen, sagt Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS). Da Berlin dieses Geld leider nicht hat, könne man eben nichts anderes tun, als den Privatisierungsvertrag zu erfüllen. Was Herr Wolf nicht sagt: Die Fortführung dieses Vertrages kostet das Land Berlin wesentlich mehr - nämlich 3,25 Milliarden. Das Land zahlt also eine Milliarde drauf, die Wasserwerke sind zur Hälfte weg und die Berliner zahlen mit die höchsten Wasserpreise in Europa.

Wolfs Argumentation ist unredlich: Nicht der Rückkauf, sondern die Fortführung des Status quo ist die teuerste Lösung für Berlin.

Natürlich gibt es einige, die mit dieser Lösung gut leben können - die privaten Anteilseigner mit ihrer garantierten Rendite, die notfalls auch aus dem Landeshaushalt gezahlt werden muss. Eine Pfründe, die sie sicher erbittert verteidigen würden - was aber gar nicht nötig ist, denn auf das Verständnis von Senator Wolf können sie bauen.

Harald Wolf ist zwar nicht für das Zustandekommen dieses Ausplünderungsvertrages verantwortlich (das war die große Koalition 1999). Aber er muss sehr wohl verantworten, dass die Berlinerinnen und Berliner, die mit ihrer jährlich steigenden Wasserrechnung die Zeche dieser Privatisierung bezahlen müssen, bis heute nicht einmal Einsicht in die Tarifkalkulation der Wasserbetriebe nehmen dürfen. Wolfs Behörde ist es, die diese Dokumente unter Verschluss hält. Das Gleiche gilt für die Privatisierungsverträge mit ihrer Renditegarantie für die sogenannten "privaten Investoren" - das sind alles "Geschäftsgeheimnisse".

Dass die Berlinerinnen und Berliner, deren Eigentum hier verschleudert wurde, und auf deren Kosten der famose Vertrag angeblich "alternativlos" fortgeführt werden muss, auch ein berechtigtes Interesse daran haben könnten, wenigstens die Wahrheit darüber zu erfahren, wie sie über den Tisch gezogen wurden - ein solcher Gedanke ist der Wirtschaftsverwaltung so fremd wie nur irgendwas.

Was für ein Armutszeugnis für einen sozialistischen Wirtschaftssenator und diese ganze "rot-rote" Regierung.

14 Oktober 2005

Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) wegen Gaspreisen unter Druck

Frankfurt/Main. Zwischen Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) und dem Stadtparlament gibt es einen handfesten Krach. Hintergrund ist Roths Verhalten zur Erhöhung der Gaspreise des städtischen Versorgers Mainova. Roth hatte sich über einen Parlamentsbeschluss, die Gaspreiserhöhung auf 7,9 Prozent zu begrenzen, hinweggesetzt und im Aufsichtsrat der Mainova für einen stärkeren Preisanstieg gestimmt.

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Quelle: (ddp-hes)Mittwoch 12. Oktober 2005, 11:03 Uhr

10 Oktober 2005

Nestlés Geschäft mit dem «reinen Leben»

Mit dem Flaschenwasser «Pure Life» will Nestlé den Durst in armen Ländern stillen. Doch in Brasilien läufts nicht rund. In São Lourenço stellte Nestlé die Produktion von «Pure Life» ein.

1999 wurde «Pure Life» erstmals in Pakistan und dann in 67 weiteren Ländern des Südens verkauft. Nestlé macht mit dem «blauen Gold» besonders in Schwellenländern wie Brasilien beste Geschäfte, weil hier die öffentliche Wasserversorgung schlecht ist, gleichzeitig aber die Bevölkerungsschicht wächst, die sich den Kauf von Trinkwasser leisten kann. Der Konzern kann mit geringsten Kosten Wasser aus öffentlichen Quellen abpumpen und es mit hohen Gewinnen verkaufen, während die gleiche Öffentlichkeit keine Mittel für eine Verbesserung der Trinkwasserversorgung oder keinen direkten Zugang zu Wasser hat. In Brasilien sind das rund 20 Prozent der Bevölkerung oder 35 Millionen Menschen.
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Quelle: tagesanzeiger.ch , Montag, 10. Oktober 2005

08 Oktober 2005

Berliner Zeitung: Das Gas der Gasag ist doch nicht billig

Streit um Tarifvergleich von Wirtschaftssenator Wolf

Christine Richter

Der Berliner Gasversorger Gasag ist im bundesweiten Vergleich doch nicht so billig, wie es Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS) kürzlich im Abgeordnetenhaus behauptet hatte. Aus einem Preisvergleich, der Gaspreisdatenbank des WDR (www.gaspreistabelle.de), geht hervor, dass die Gasag von 632 Anbietern in Deutschland auf dem Platz 158 liegt - also im oberen Drittel.

Wirtschaftssenator Wolf hatte erklärt, bundesweit seien nur 13 Anbieter günstiger als die Gasag. Der Senator zeigte sich zwar sehr verärgert über die Gaspreiserhöhung um zwölf Prozent, erklärte aber, dass man bedenken müsse, dass die Gaspreise in Berlin vergleichsweise günstig seien. Dies stimmt nur, wenn man bestimmte Kommunen miteinander vergleicht. Nach Auskunft der Senatsverwaltung für Wirtschaft griff Wolf nämlich auf den so genannten Brennstoffspiegel zurück, der aber nur die Gasunternehmen in den großen und mittleren Städten aufführt. "Da ist der Vergleich mit Berlin aussagekräftiger", meinte dazu die Sprecherin des Wirtschaftssenators, Brigitte Schmidt. Außerdem habe es sich um Daten vor den bundesweiten Preiserhöhungen zum 1. Oktober gehandelt. Anhand der Gaspreistabelle lässt sich dagegen der aktuelle Stand nach den Tarifsteigerungen ermitteln, fand der Sender Fernsehen aus Berlin (FAB) heraus. Und danach verlangt die Gasag zwar weniger als die Stadtwerke in Leipzig oder Tübingen, aber doch mehr als in 474 anderen deutschen Kommunen. Verglichen wurden jeweils die Endpreise pro Jahr bei der Abnahme von 20 000 Kilowattstunden. Bei der Gasag beträgt der Preis demnach 1 179 Euro.

"Die Zahlen sind richtig", sagte Gasag-Sprecherin Josette Honnef am Freitag. Es handele sich um den üblichen Tarif Vario II, allerdings biete die Gasag auch noch günstigere Tarife an. Wenn der Kunde einen Vertrag über 18 Monate abschließe und der Gasag eine Einzugsermächtigung erteile, dann erhalte er den Tarif Aktiv. Der Endpreis belaufe sich dann nur auf 1 118 Euro.

Honnef wies darauf hin, dass auch die Zahlen des Wirtschaftssenators "nicht falsch" gewesen seien. Nach der Preiserhöhung habe sich Berlin "ein Stück verschoben". Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz forderte Wolf auf, für mehr Transparenz bei den Gaspreisen zu sorgen.
Quelle: Berliner Zeitung, 8.10.2005

Berlin für blöd verkauft

In den 90er-Jahren verscherbelte Berlin sein Tafelsilber. Jetzt erhöhen die einstigen Landesbetriebe immer wieder die Preise für Strom, Gas und Wasser. Der Verkauf war falsch, sagen Linkspartei und Grüne. Denn die Gewinne streichen jetzt Konzerne ein
VON ULRICH SCHULTE
UND DANIEL SCHULZ

Gasag, Bewag, jetzt auch die Wasserbetriebe - alle wollen mehr Geld. Damit erhöhen genau die Unternehmen die Preise, die einst in Landesbesitz waren und die die große Koalition in den 90ern ganz oder teilweise verkaufte. Hätte das Land die Unternehmen behalten, könnte es Gewinne machen - oder moderate Preise.
Die PDS will die Berliner Wasserbetriebe zurückhaben. "In unserer Partei wird ernsthaft überlegt, ob und wie man die BWB zurückkaufen kann", sagt Linkspartei-Haushaltsexperte Carl Wechselberg. Die Privatisierung sei eine Katastrophe gewesen.

Finanzfachmann Wechselberg führt dafür zwei Gründe an: Erstens wären die Preise unter Landeshoheit nicht so rasant gestiegen wie nach dem Teilverkauf 1999, und dennoch hätte Berlin "gutes Geld verdienen können". Derzeit wollen die Wasserbetriebe ihre Tarife um durchschnittlich 2,5 Prozent anheben, dabei waren diese bereits Anfang 2004 und 2005 um 15 Prozent respektive 5 Prozent gestiegen. Als zweiten Grund nennt Wechselberg, dass die "höchsten Wasserpreise im Bundesgebiet" Investoren verschreckten.

Berlin verkaufte für umgerechnet 1,3 Milliarden Euro 49,9 Prozent der BWB-Anteile an ein Konsortium aus dem Wasserversorger Veolia - früher Vivendi - und dem Essener Energiekonzern RWE. Um die 900 Mitarbeiter mussten seitdem die BWB verlassen. Im Jahr 2004 verdienten die Konzerne 134 Millionen Euro mit Berliner Wasser - etwa so viel wie das Land Berlin auch. "In kommunaler Hand wären die Gewinne geringer", sagt Wechselberg. "Dennoch geht Berlin jährlich eine riesige Summe verloren." Allerdings wurde damals auch verkauft, weil die bankrotte Stadt nicht in neue Rohre und Kanäle investieren wollte.

Deshalb verteidigt BWB-Sprecher Stephan Natz die Privatisierungen: "Berlin hat die Milliarden der Käufer mit Freuden genommen, heute scheinen das einige zu vergessen." In den Wasserbetrieben, aber auch bei der PDS, wird übrigens schon überlegt, neben dem derzeitigen Preis, der allein auf den Wasserverbrauch berechnet wird, den Grundpreis für einen Anschluss einzuführen. Grund: zu niedriger Wasserverbrauch bei zu hohen Kosten für die Infrastruktur.

Leo Kirch hätte an der Gasag seine helle Freude gehabt. Ein Monopol zu besitzen, sagte der einstige Medienzar gerne, sei sein schönster Traum. Wer in Berlin Erdgas braucht, muss zur Gasag. Sie nutzt weidlich, dass ihr kein Konkurrent in die Preispolitik reinredet: Ab 1. Oktober erhöht sie die Preise - je nach Tarif - um bis zu 11,8 Prozent. Seit 1999 ist damit die Kilowattstunde um fast 50 Prozent teurer geworden.

Schließlich sei die Erdgassteuer erhöht worden, der Ölpreis spiele verrückt, argumentiert die Firma - an den sind die Gaspreise gekoppelt. Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) ist anderer Meinung und hat eine kartellrechtliche Prüfung angeordnet.

Wären die Berliner besser dran, wenn das einst öffentliche Unternehmen nicht 1998 verscherbelt worden wäre? Eine sicher zu simple Rechnung: Das Land kassierte damals gut 731 Millionen Euro. Inzwischen fährt das umgebaute Unternehmen jährlich Gewinne von bis zu 60 Millionen Euro ein. Schon nach 12 Jahren haben die neuen Besitzer, Vattenfall Europe, Gaz de France und Thüga, die Kaufsumme wieder drin - und die Garantie, weiter zu verdienen.

Klar, auch das Land hätte damals investieren müssen, auch das Land muss Weltmarktpreise berücksichtigen. Aber hätte der Senat einst Geld in den Versorger gesteckt und dann mit harter Hand gewirtschaftet (Die Zahl der Beschäftigten sank seit 2001 um ein Viertel) würde jetzt der Landeshaushalt profitieren.

Für einen "ernsten strategischen Fehler" hält deshalb Linkspartei-Haushaltsexperte Carl Wechselberg den Verkauf. "Dass das Land natürliche Monopole wie Gas oder Wasser in die Hand privater Investoren gegeben hat, setzt die BerlinerInnen deren Profitinteressen aus." Wäre das Land Eigentümer, könnte es eine moderate Preispolitik betreiben - "wenn das öffentliche Interesse überwiegt."

Die nächste Preiserhöhung? Die Bewag-Offiziellen antworten so diffus, wie eine 15-Watt-Glühbirne leuchtet: "Die Preise bleiben über den Jahreswechsel hinaus stabil." Januar, Februar? "Auf Monats-Ratespielchen lassen wir uns nicht ein." Das heißt, es kann bald wieder so weit sein. Auf den Rechnungen steht dann nur "Vattenfall Europe", der augenfällige Beleg, dass der 1884 gegründete Energieversorger dem Land längst nicht mehr gehört. Zuletzt hatten sich die Strompreise für einen Haushalt zum 1. Januar um 4,7 Prozent erhöht.

Der Handel mit Strom lohnt sich. Und an dem Fakt, dass die Bewag in Berlin der marktbeherrschende Riese ist, hat die Öffnung des Marktes für andere Anbieter 1998 nichts geändert. Der Konzern Vattenfall Europe, der zum Beispiel in den Braunkohlerevieren der Lausitz die Landschaft umgräbt, kann sich über gute Erträge des Berliner Ablegers freuen. Lag der Jahresüberschuss 2002 noch bei 148 Millionen Euro, waren es 2004 schon 271 Millionen Euro.

Die Gewinnkurve klettert stetig, die Beschäftigtenzahlen fallen - wie auch bei den anderen Ex-Landesbetrieben. Ende 2002 arbeiteten noch über 4.900 Menschen bei der Bewag, Ende vergangenen Jahres waren es nur noch gut 4.200.

Das Land hat den Stromversorger 1997 verkauft und dabei "miserabel verhandelt", wie Grünen-Haushälter Oliver Schruoffeneger findet. Der Erlös: 1,48 Milliarden Euro. Nur zur Erinnerung, fast ein Fünftel davon bringt die Bewag den Investoren Gewinn. Jahr für Jahr. Ein Notverkauf sei das damals gewesen, sagt Schruoffeneger. So habe der Diepgen-Senat im Landeshaushalt bereits Erlöse eingeplant, bevor er die Verhandlungen startete. Das Fazit des Grünen: Hätte die Regierung der Versuchung des schnellen Geldes getrotzt, könnte das Land heute den Wirtschaftsstandort Berlin stärken - mit anderen Preisen.

Quelle: taz Berlin lokal Nr. 7788 vom 8.10.2005, Seite 25, 76 Zeilen (TAZ-Bericht), ULRICH SCHULTE / DANIEL SCHULZ

07 Oktober 2005

Auf Kosten der Berliner. Wasserbetriebe wollen schon wieder die Preise erhöhen. Klug ist das nicht

Von Christine Richter

Die Berliner Wasserbetriebe drehen schon wieder an der Preisspirale: Zum Jahreswechsel will das Unternehmen die Tarife erneut um 2,5 Prozent erhöhen. Das Land Berlin, das immer noch mit 51 Prozent an den Wasserbetrieben beteiligt ist, wird dem Plan wohl zustimmen, denn anders ist dort ein wirtschaftliches Arbeiten nicht möglich. Außerdem hat der Senat den beiden privaten Anteilseignern RWE und Veolia eine Rendite zugesichert, die nun nur durch Preiserhöhungen zu erzielen ist.
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Quelle: Berliner Zeitung, 7.10.2005

06 Oktober 2005

Wohnungsverband: Wasser bis zu fünf Prozent teurer

Berlin - Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) rechnet damit, daß die angekündigte Erhöhung der Wasserpreise zum Jahreswechsel von zwei bis drei Prozent höher ausfällt. "Wir befürchten einen nochmaligen Anstieg der Preise um bis zu fünf Prozent", sagte BBU-Chef Ludwig Burkardt der Berliner Morgenpost.
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Quelle: Berliner Morgenpost, 6.10.2005

05 Oktober 2005

474 Gasversorger - nicht 13 - sind preiswerter als die Gasag

Von: Jörn Boewe
An: SenWAF Pressestelle


Sehr geehrter Herr ...

Die Abgeordneten haben's nicht gemerkt, die dpa hat's nicht gemerkt, RBB und Morgenpost haben's - wie so oft - tumb abgeschrieben.

Das wundert mich alles nicht - aber eins wüßte ich dann doch noch ganz gern: Hat Ihr Chef es auch nicht gemerkt?

Was er da am 29. im Abgeordnetenhaus erzählt hat: "Im bundesweiten Vergleich mit 161 Gasversorgern ergibt sich, dass es lediglich 13 Gasversorger - zumeist in Kleinstädten - gibt, die preiswerter sind als die Gasag."

Wo hat er denn diesen Unsinn her? War das einfach nur schlecht recherchiert oder sollte das eine besonders raffinierte Kommunikationsoffensive werden? Oder sitzt bei Ihnen jemand, der den Senator abschießen will, indem er ihm falsche Zahlen unterschiebt?

Oder soll die Sache mit den "161 Gasversorgern" ein ganz toller Taschenspielertrick sein? Wie aber kommt er denn nun wieder auf diese Zahl? Warum nicht 148? Dann wäre ja, nach seinen Zahlen, die Gasag bundesweit sogar der billigste Anbieter? Das gäbe bestimmt prima Schlagzeilen!

Hier noch ein paar Zahlen für Ihren Chef: Laut Gaspreisdatenbank des WDR (Stand 1.10.2005) gibt es bundesweit 632 Gasversorger. Wenn wir von einem Privathaushalt mit Jahresverbrauch von 20.000 kWh ausgehen, liegt die Gasag im Preisvergleich auf Rang 158, also im oberen Viertel. 474 Gasversorger sind preiswerter als die Gasag.

Beste Grüße an den Senator.

Auf Interpretationshilfe Ihrerseits freut sich

freundlichst

Jörn Boewe

04 Oktober 2005

Harald Wolf will's wissen: Ist Gaspreisanhebung gerechtfertig? Was er schon weiß: Zu verhindern ist sie nicht.

Der Berliner Senat will die Gaspreiserhöhungen nun doch nicht einfach so hinnehmen.

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS) will ein "Auskunftsersuchen" an die GASAG richten, ob der jüngste Preisanstieg (ca. 11 Prozent zum 1. Oktober) gerechtfertigt sei.

Eine mutige Frage, die dem GASAG-Vorstand wahrscheinlich mächtig Kopfzerbrechen bereiten wird.

Damit niemand auf falsche Gedanken kommt, stellte Wolf im selben Atemzug klar, dass die aktuellen Preiserhöhungen damit aber "nicht zu verhindern" seien.

Wozu dann aber noch die Frage, ob sie "gerechtfertigt" sind?

Quelle: rbb-online.de (29.09.2005 14:28)

21 September 2005

Berliner Landeskartellbehörde sieht keine Indizien für einen Missbrauch durch die Gasag

21.09.05, 11:58
Von: SenWAF Pressestelle
An: Jörn Boewe
Betreff: AW: GASAG Kartellbehörde etc.

Sehr geehrter Herr Boewe,

ich habe Ihre Fragen bereits beantwortet, wiederhole dies aber gerne noch einmal: Die Gaspreise müssen anders als z.B. Strompreise bei der Landeskartellbehörde nicht zur Prüfung eingereicht werden. Auch die Überprüfung im Nachhinein unterliegt gesetzlichen Kriterien und kann z.B. alleine nicht auf Aufforderung eines Bundesministers erfolgen.
Die Landeskartellbehörde wird die Preise dann überprüfen, wenn es konkrete Hinweise auf Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch die Gasag gibt. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn die Gasag im Vergleich zu anderen Regionalversorgern die Preise überproportional erhöht. Die Preise werden monatlich verglichen. Da noch nicht alle Versorger ihre neuen Preise bekannt gegeben haben, kann dies für die aktuelle Preisrunde also noch nicht abschließend beurteilt werden.
In der Vergangenheit gab es keine Indizien für einen Missbrauch durch die Gasag, also auch kein diesbezügliches Verfahren ...

15 September 2005

GASAG erhöht Preise in 10 Monaten um 19 Prozent - Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung? PDS-Wirtschaftssenator weiß nicht so genau ...

15.09.05, 15:28
Von: Jörn Boewe
An: Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen (SenWAF)
Betreff: Gaspreise - (k)ein Fall für die Kartellbehörde?

Hallo Herr ...,
die Gasag will zum 1. Oktober die Preise um (bis zu) 11 Prozent anheben. Dabei ist die letzte Preiserhöhung (ca. 6-8 Prozent im Dezember) doch noch gar nicht so lange her. Immerhin sind das 19 Prozent innerhalb von 10 Monaten.
Wie wir alle wissen, ist das sachlich in keiner Weise gerechtfertigt - es handelt sich um reine Gewinnmitnahmen, die aus dem Höhenflug der Ölpreise und der anachronistischen Ölpreisbindung resultieren.
Offenkundig missbraucht doch hier jemand seine Monopolstellung am Markt.
Im Januar hat Senator Wolf noch verkündet, "wenn sie (die GASAG) ihre Marktstellung missbrauchen würde, könnte die in meinem Haus angesiedelte Kartellbehörde einschreiten"(PDS-Bezirkszeitung Klartext)

Wird Ihre Kartellbehörde jetzt einschreiten?
Mit freundlichen Grüßen
Jörn Boewe"



15.09.05, 15:40
Von: SenWAF Pressestelle
An: Jörn Boewe
Betreff: AW: Gaspreise - (k)ein Fall für die Kartellbehörde?

Sehr geehrter Herr Boewe,
die in unserem Haus angesiedelte Landeskartellbehoerde beobachtet kontinuierlich die Marktentwicklung und schreitet bei Verdacht auf Missbrauch ein. Die Oel-Gaspreis-Bindung, die auf internationalen Vereinbarungen zwischen Produzenten und
Grosshaendlern beruht, ist von der Behoerde eines Bundeslandes leider nicht zu beeinflussen. mfG ...



15.09.05, 18:08
Von: Jörn Boewe
An: Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen (SenWAF)
Betreff: Re: AW: Gaspreise - (k)ein Fall für die Kartellbehörde?

Sehr geehrter Herr ...,
die Öl-Gas-Preisbindung ist ja vielleicht nicht der einzige Grund für die Preisgestaltung der GASAG.
Hat sich die Wirtschaftsverwaltung eigentlich von der GASAG schon mal im Detail erläutern lassen, wie die Preise zustande kommen?
Verstehe ich Sie richtig, dass die Wirtschaftsverwaltung keinen Grund zu der Annahme sieht, dass hier Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorliegen könnte?
Mit besten Grüßen
Jörn Boewe



15.09.05, 19:39
Von: SenWAF Pressestelle
An: Jörn Boewe
Betreff: AW: Re: AW: Gaspreise - (k)ein Fall für die Kartellbehörde?

Sehr geehrter Herr Boewe,
nein, Sie gehen nicht richtig in Ihrer Annahme. Wie bereits gesagt, beobachtet die Landeskartellbehoerde staendig den .arkt und schreitet bei Indizien auf Missbrauch ein. mfG ...



15.09.05, 20:20
Von: Jörn Boewe
An: Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen (SenWAF)
Betreff: Re: AW: Re: AW: Gaspreise - (k)ein Fall für die Kartellbehörde?

Sehr geehrter Herr...
ich hab's immer noch nicht verstanden:
Sehen Sie (der Senator, die Kartellbehörde) hier nun Indizien für Missbrauch oder nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Jörn Boewe

08 September 2005

Personalkarussel bei RWE

Der Vorstandschef der RWE-Tochter American Water, Jeremy Pelczer, soll im November die Nachfolge von Thames-Water-Chefs Bill Alexander antreten, teilte RWE am Donnerstag mit. Mit mehr als 17.000 Mitarbeitern und rund 70 Millionen Kunden ist die RWE-Tochter Thames Water der weltweit drittgrößte Wasserversorger.

01 September 2005

Großaufträge für Veolia in China

Veolia Water hat zwei Großaufträge im Gesamtwert von 340 Mio. EUR in China aquiriert.

20 August 2005

Auf Antrag von RWE hat das Landgericht Köln der Organsiation Greenpeace verboten

auf dem katholischen "Weltjugendtag" ein Flugblatt zu verteilen, auf dem die klimazerstörende Strompolitik des Konzerns kritisiert wird.
RWE ist Großsponsor der Papistenshow.

12 August 2005

RWE zieht sich aus Wassergeschäft zurück

Die RWE AG will sich vom Wassergeschäft außerhalb der Kernregionen Deutschland, Großbritannien, Zentralosteuropa und USA trennen. RWE hat bereits 70 Prozent ihres Umwelt-Geschäfts abgegeben. Die verbliebenen 30 Prozent machen noch einen Umsatz von rund 300 Mio EUR aus.
(Quelle: www.faz.net)

11 August 2005

RWE setzt auf Atomkraft

RWE-Chef Harry Roels hat sich für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken ausgesprochen. RWE betreibt selbst zwei Kernkraftwerke und ist an einem weiteren beteiligt.
(Quelle: Mitteldeutsche Zeitung)

05 August 2005

Wer das Wasser hat ...

UN World Water Development Report: Zwei Drittel der Agrarflächen in Afrika und ein Drittel in Asien drohen sich innerhalb der nächsten 20 Jahre in Wüsten zu verwandeln. Bis zur Mitte des Jahrhunderts wären im schlimmsten Fall 7 Milliarden Menschen in 60 Ländern von Wasserknappheit betroffen. (Quelle: www.zeit.de)

04 August 2005

Von: Jörn Boewe An: Senatsverwaltung für Finanzen

"Sehr geehrter Herr K.,

gegen Ihren Bescheid vom 5. Juli 2005 zur Ablehnung meines Antrages auf Akteneinsicht in die Privatisierungsverträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe lege ich Widerspruch ein ...

Ihre grundsätzlichen Zweifel, ob der Antrag überhaupt zulässig ist sind, m. E. unbegründet. Ihr Argument, die Teilprivatisierung der BWB sei kein öffentlich-rechtlicher, d. h. hoheitlicher Akt, weil dadurch "gerade staatliches Handeln in den Bereich des Privaten verlagert" wurde, ist unlogisch: Auch wenn der Staat ein Hoheitsrechte "verlagert" - wohin auch immer - ist dieses "Verlagern" selbst doch immer noch ein hoheitlicher Akt. Die Privatisierung von 49,9 Prozent der Anteile an den Berliner Wasserbetrieben durch den Senat von Berlin waren doch wohl - hoffentlich! - durch staatliches Handeln bestimmt. Oder wollen Sie behaupten, der Senat von Berlin wäre bei der Privatisierung lediglich ein willenloses Werkzeug in der Hand privater Interessengruppen gewesen?


... die Berliner Wasserbetriebe haben eine Monopolstellung in Berlin, es gibt keine Konkurrenz im oder um den Berliner Markt. Ihr Verweis auf andere Unternehmen oder Kommunen, die im globalen Markt miteinander konkurrieren und aus den Privatisierungsverträgen Rückschlüsse auf diese oder jene Schwerpunktsetzung der Beteiligten ("was den Investoren in einer Privatisierung wirklich wichtig ist", "worauf sich das Land Berlin eingelassen hat") ziehen könnten, ist rein spekulativ. Die Global Player im Wassergeschäft können sich diese doch recht allgemeinen Informationen über ihre Mitbewerber auch auf anderen Wegen beschaffen. Die Versuche, einen konkreten wirtschaftlichen Schaden bzw. Nachteil für die Investoren bzw. das Land Berlin nachzuweisen, der durch die Veröffentlichung entstehen würde, sind spekulativ ...


Das Argument, eine Veröffentlichung dessen, "worauf das Land Berlin sich eingelassen hat", würde dem Land schaden, ist schon interessanter. Der weitaus größere Schaden für das Land und seine Bürger ist aber wohl das, "worauf sich das Land Berlin eingelassen hat". Das ist durchaus nicht nur meine persönliche Meinung. Gestützt wird diese Ansicht u. a. durch Berechnungen aus ihrem Hause, wonach selbst ein Ausstieg aus den Privatisierungsverträgen und Rückkauf der privatisierten Anteile um mindestens eine Milliarde Euro günstiger für das Land Berlin wäre als die Fortführung. Dies wirft ein gleichermaßen bezeichnendes Licht auf das Vertragswerk wie auch auf die Geheimhaltungsbemühungen.

Wäre Ihr Argument richtig, dürfte Politik wohl nur noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.

Ich denke nicht, dass das dem Geist und Buchstaben der Verfassung von Berlin und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland entsprechen würde ...

Ich denke, es besteht sehr wohl ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das sich aus dem grundgesetzlich garantierten Schutz des Eigentums und der Volkssouveränität ableitet.

Wie Sie richtig bemerken, handelte es sich hier um die Privatisierung des größten Wasserversorgers Europas und eines der wichtigsten Landesunternehmens Berlins.

Die Privatisierungsverträge wurden - wie Sie schreiben - nicht einmal dem Parlament bekannt gemacht - lediglich die zu besonderer Verschwiegenheit verpflichteten Mitglieder eines Unterausschusses (!) wurden informiert. Es ist offenkundig dass damit – wenn überhaupt – nur noch von einer höchst eingeschränkten demokratischen und parlamentarischen Kontrolle die Rede sein kann.

Den Bürgern dieser Stadt, deren Eigentum hier hinter verschlossenen Türen privatisiert wurde, nun auch noch im Nachhinein die Einsicht in die Verträge zu verweigern, würde bedeuten, ihnen auch noch den letzten Rest an demokratischer Kontrolle zu verweigern ...

In der Tat bin ich der Meinung, dass weitgehende Transparenz bei Privatisierungen öffentlichen Eigentums, öffentlich-privaten Partnerschaften, Ausschreibungen und Auftragsvergaben das wirksamste, vielleicht einzig wirksame Mittel gegen Korruption und Untreue ist. Gerade aus diesem Grunde gibt es ein überwiegendes Allgemeininteresse daran, den Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses in allen Fällen, wo öffentliches Eigentum im Spiel ist, eng auszulegen um eine weitgehende Kontrolle durch die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

Dieser Gedanke scheint Ihnen völlig fremd zu sein, was nach den - zumindest für die Allgemeinheit, nicht für einzelne Privatpersonen - bitteren Erfahrungen mit der Bankgesellschaft und diversen anderen Berliner Wirtschaftsabenteuern, bei denen die Steuerzahler grundsätzlich die Zeche begleichen mussten - einigermaßen erstaunt.

Was den konkreten Fall der Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe betrifft, habe ich, wie sie richtig vermuten, keine Beweise gegen irgendjemanden in der Hand, die ich der Staatsanwaltschaft übergeben könnte. Darum geht es hier aber nicht. Es geht um das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Und das ergibt sich in diesem Fall u.a. auch aus diversen Indizien, die daraufhin deuten, dass diese Privatisierung eben nicht zum Wohle des Landes Berlin abgelaufen ist. Da wäre z. B die Renditegarantie ("r+2%"), die zwar vom Gericht für verfassungswidrig erklärt wurde, via vertraglich vereinbarten "Nachteilsausgleich" aber faktisch fortbesteht. Da wäre das erwähnte Ausstiegsszenario, das der Finanzsenator hat errechnen lassen. Da wären die Anwaltskanzleien, die gleichzeitig für die Investoren und das Land arbeiteten usw...

Das Argument, eine sinnvolle Trennung des Vertragswerks in zu schützende und zu veröffentlichende Teile sei nicht möglich, halte ich insbesondere vor dem Hintergrund meiner vorherigen Ausführungen für hinfällig. Wenn Sie schwärzen müssen, dann schwärzen Sie ..."

29 Juli 2005

RWE-Chef kassiert ab

RWE-Chef Harry Roels (57) profitiert seit Februar 2003 von einem Luxusprämienprogramm des Konzerns für Führungskräfte. RWE schenkte dem in Holland geborenen Physiker 2003 und 2004 Aktienoptionen und versprach einen Garantiegewinn, wenn sich der Aktienkurs verdoppele. Ex-Shell-Manager Roels verkaufte Tochterfirmen (Heidelberger Druckmaschinen, Baukonzern Hochtief), baute seit 5800 Stellen im Kerngeschäft (Strom, Gas, Wasser) ab. Der Aktienkurs stieg seit Ende 2002 von 20 auf 55 Euro. Vor einer Woche machte der RWE-Boss die Optionen zu Geld und kassierte auf einen Schlag fast 5,1 Millionen Euro - zusätzlich zum jährlichen Grundgehalt von vier Millionen Euro.
(Quelle: www.bild.t-online.de)

Veolia Geschäftsbericht

Veolia Environnement S.A. verbuchte im ersten Halbjahr einen deutlichen Erlösanstieg.
Nach Angaben des Konzerns lag der Nettogewinn in den ersten sechs Monaten des laufenden Fiskaljahres bei 12,15 Mrd. Euro, was im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr einem Anstieg von 10,4 Prozent entspricht. Im Segment Wasseraufbereitung verzeichnete Veolia sogar einen Erlösanstieg von 13,8 Prozent auf 4,21 Mrd. Euro.
(Quelle: www.finanzen.net)

26 Juli 2005

Von: Jörn Boewe An: SENWAF Pressestelle

" ... vielen Dank für Ihre Antwort.

Allerdings ergeben sich aus der Antwort Nachfragen bzw. bleiben ein paar Fragen offen.


1) "Eine allgemeine Offenlegung dieser Kalkulation ist leider nicht möglich, denn sie enthält vertrauliche, unternehmensinterne Daten."

Die BWB beherrschen den Berliner Wasser-"Markt" zu 100 Prozent, es gibt keine Mitbewerber. Welcher wirtschaftliche Nachteil oder Schaden würde dem Monopolisten BWB also durch die Offenbarung der Tarifkalkulation entstehen?

Hält der Senator es für gerechtfertigt, dass die Berliner Wasserverbraucher einen Monopolpreis zahlen, dessen Zustandekommen für sie nicht nachvollziehbar ist?


2) Der Senator möchte "mit dem Ziel der Preisdämpfung" die privaten Gesellschafter dazu bewegen, ihre Investitionen zu senken:

Ist das so zu verstehen, dass jede Investition der private Gesellschafter das Land Berlin teuer zu stehen kommt, weil sie das "betriebsnotwendige Kapital" erhöht, auf deren Grundlage die Rendite berechnet wird? Die Rendite für RWE und Veolia darf aber nicht unter die garantierte Mindesrendite sinken, die die Landesregierung den privaten Gesellschaftern im Konsortialvertrag zugesichert hat?

Fällt dem Senator zu diesem Knebelvertrag ("dessen rechtliche Struktur derjenigen der Berliner Bankgesellschaft nachgebildet ist", Harald Wolf 2002 gegenüber der "Zeit") nichts anderes ein als "Augen zu und durch"?

Und wenn es wirklich keine Alternativen dazu gäbe - Herr Sarrazin hat immerhin schon interessante Ausstiegsszenarien durchrechnen lassen - warum redet der Senator nicht wenigstens Tacheles? Wenn die Berliner als Bürger und Verbraucher diese Ausplünderung denn schon hinnehmen müssten - sollten sie dann nicht wenigstens ein Recht darauf haben, die Verträge und die Kalkulationen zu kennen, auf deren Grundlage sie ausgenommen werden?

Bitte verstehen Sie das nicht falsch. Ich meine diese Fragen nicht rhethorisch, sondern bitte um eine ernsthafte Antwort des Senators.

Geben Sie ihm ruhig zu bedenken, dass keine Antwort auch eine Antwort ist.


3) zur disproportionalen Gewinnverteilung:

Ist es richtig, dass über den Zeitraum 1999 - 2004 Gewinne in Höhe von 496,2 Mio. EUR an die privaten Gesellschafter geflossen sind, während das Land Berlin 181,4 Mio. EUR erhielt?


4) zu den privaten Gewinnausschüttungen trotz Bilanzverlusten

Offen bleibt die Frage: Warum fand in Geschäftsjahren 2001 und 2002 überhaupt eine Gewinnabführung an die Privaten statt, wenn das Unternehmen doch Verluste machte?

Oder ist sie möglicherweise mit dem Hinweis Harald Wolfs aus dem Jahre 2002 ("rechtliche Struktur derjenigen der Berliner Bankgesellschaft nachgebildet") schon beantwortet?

Mit freundlichen Grüßen ..."

04 Juli 2005

Von: SENWAF Pressestelle An: Jörn Boewe

"Sehr geehrter Herr Boewe,
Ihre Fragen zu den BWB kann ich Ihnen wie folgt beantworten:

Die Tarifkalkulation der BWB wird von mehreren, von einander unabhängigen Instanzen geprüft: Von einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, vom Aufsichtsrat der BWB und von der Tarifgenehmigungsbehörde, das ist die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen. Eine allgemeine Offenlegung dieser Kalkulation ist leider nicht möglich, denn sie enthält vertrauliche, unternehmensinterne Daten.

Die Investitionen, welche von den BWB getätigt werden, werden von den Gesellschaftern abhängig von den betrieblichen Notwendigkeiten und dem Bedarf festgelegt. Die Höhe kann schwanken: So waren die Investitionen Anfang der 90er Jahre wegen des Nachholbedarfs im Ostteil der Stadt relativ hoch. Neben dem Erhalt der Substanz, der Einhaltung technischer und ökologischer Standards ist dabei auch zu berücksichtigen, dass Investitionen das betriebsnotwendige Kapital erhöhen können. Dies würde wiederum die Wasser-/Abwassertarife steigen lassen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Senator Wolf, hat daher bereits öffentlich angekündigt, dass auch die Investitionsplanung mit dem Ziel der Preisdämpfung überprüft wird.

Die disproportionale Gewinnverteilung bezieht sich auf das Geschäftsjahr 2004. Im vergangenen Jahr entfielen zwar auf die privaten Gesellschafter und das Land Berlin Gewinne in Höhe von jeweils 107 Millionen Euro netto, die aber fast vollständig – 100 Millionen Euro – wieder in die Sanierung von Beteiligungen der BWH (vor allem der Berlikomm), flossen, also nicht ausgezahlt wurden. Die Gewinn- und Verlustrechnung der BWB ist also nicht die ausschließliche Basis der Gewinnaufteilung, da auch noch Sondereffekte in der Konzernbilanz und unterschiedliche steuerliche Behandlung der Gesellschafter zu berücksichtigen sind.

Mit freundlichen Grüßen ...
Pressestelle Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen"

28 Juni 2005

Der weltweite Umsatz mit Trinkwasser

... wird bis 2010 voraussichtlich auf mehr als 150 Milliarden Dollar steigen.
(Quelle: boerse.ard.de)

27 Juni 2005

Deutsch-arabische Wasserkonferenz

Die Delegation der Deutschen Wirtschaft in Saudi-Arabien hat die erste "Deutsch-Arabische Wasserkonferenz" (20. bis 21. Juni 2005 in Hannover) durchgeführt.
Allein Saudi-Arabien will in die Wassergewinnung in den nächsten 15 Jahren mehr als 100 Milliarden Euro investieren. Wasser gilt als strategisch wichtigster Rohstoff des 21. Jahrhunderts.
(Quelle: www.german-foreign-policy.com)

26 Juni 2005

Privatisierung schreitet voran

Mittlerweile befinden sich knapp 50 Prozent der internationalen Wassermärkte in privater Hand.
(Quelle: www.boerse-online.de)

25 Juni 2005

Veolia versorgt mehr als 110 Millionen Menschen

... in 90 Ländern mit Trinkwasser und expandiert stark in Osteuropa und China.
Die Aktie von Veolia notiert in Paris aktuell mit einem Plus von 1,55 Prozent bei 30,72 Euro.
(s. a. Die Welt, 25.06.05)

Veolia hat einen Großauftrag in Tschechien an Land gezogen

Für 525 Mio. EUR wird Veolia die lokale Wasserversorgung und Abwasserentsorgung der Region Hradec Kralove übernehmen. Hradec Králové ist die sechstgrößte Stadt in der Tschechischen Republik und Metropole Ostböhmens.

Der Vertrag läuft über 30 Jahre. Veolia tritt als Mehrheitsgesellschafter (66 Prozent) der Firma "Kralovehradecka provozni" in Erscheinung. Die restlichen 34 Prozent hält der kommunale Ver- und Entsorger "Vodovody a kanalisace HK".
Quelle: www.finanzen.net, 23.06.05)

Es wäre interessant zu erfahren, ob Veolia eine Renditegarantie gegeben wurde.

23 Juni 2005

Die Investitionen sind ein interessantes Thema ...

Wirtschaftssenator Wolf will jetzt die privaten Shareholder dazu bringen, ihre Investitionen zu senken (!) Quelle: Berliner Zeitung 23.06.05

Die Investitionen sind ein interessantes Thema.
Seit die Privaten bei den BWB beteiligt sind, haben sich die jährlichen Investitionen etwa halbiert. Früher steckte die öffentliche Hand jedes Jahr ungefähr eine Million DM in das Unternehmen.

Nachdem Berlins politische Führung die sogenannten privaten "Investoren" (!) ins Boot geholt hatte, sanken die Investitionen um die Hälfte. 250 Mio. EUR jährlich - das sollte das durchschnittliche Investitionsvolumen für die ersten 10 Jahre Laufzeit des Privatisierungsvertrages sein.

Aber warum will PDS-Mann Wolf die Privaten jetzt zu einer weiteren Absenkung der Investitionen drängen? Erst war man so stolz, "potente Investoren" dabei zu haben - und jetzt will man, dass die möglichst wenig investieren?

Ganz einfach: Die garantierte Rendite von "r+2 Prozent" wird auf das "betriebsnotwendige Kapital" gezahlt. Dieses "betriebsnotwendige Kapital" wird jährlich neu berechnet und wächst, u. a. durch Grundstücksneubewertungen, aber natürlich auch durch laufende Investitionen.

Man kann es auch als Eingeständnis lesen: Die hochgejubelten privaten Investitionen kommen das Land über die famose "Renditegarantie" letztendlich teuer zu stehen.

Wird künftig weniger investiert, sinkt auch die garantierte Mindestrendite - oder sagen wir, sie steigt nicht mehr ganz so unverschämt.

Der "Linkssozialist" Wolf könnte das als politischen Erfolg verkaufen - so in der Art von: Schaut her, Genosssen, wir lassen uns von den multinationalen Konzernen nicht die Butter vom Brot nehmen ... auch wenn das natürlich ziemlicher Unfug wäre.

21 Juni 2005

Von: Jörn Boewe An: SENWAF Pressestelle

"... ich hatte Ihnen am 15. April einige Nachfragen zu Ihrer Auskunft vom 29.März geschickt.
Wahrscheinlich ist die Angelegenheit im Tagesgeschäft in Vergessenheit geraten.

Hier nochmal in Kürze meine Fragen - verbunden mit der Bitte, sie an die zuständigen Stellen in Ihrem Hause weiterzuleiten.
(...)

1) Können die Berliner Bürger in die Tarifkalkulation der BWB-AÖR Einblick nehmen? Falls nicht - bedeutet dies, die Kalkulation wird geheim gehalten? Auf wessen Betreiben und welche Gründe gibt es dafür?

2) Wie hoch ist die vereinbarte Investitionssumme über 10 Jahre?

3) Nach Ablauf der 10-Jahres-Frist sind die privaten Gesellschafter offenbar nicht mehr zu Investitionen verpflichtet - während die öffentliche Hand (das Land Berlin) aber über die gesamte Vertragslaufzeit die Rendite der Privaten garantiert?

4) Aus den geschäftsberichten der BWB geht hervor, dass die jährlichen Investitionen nach der Teilprivatisierung deutlich gesunken sind. Die Beteiligung finanzstarker privater Investoren hat also zu einem Absinken der Investitionen geführt. Wie bewerten sie diese Entwicklung?

5) Laut Geschäftsbericht der BWB wurden 2002 78,3 Mio. EUR und 2001 76,59 Mio. EUR an die privaten Gesellschafter abgeführt.
Da es diesen beiden Jahren keine Bilanzgewinne, sondern Verluste (5,7 Mio. bzw. 81,2 Mio. EUR) gemacht wurden, gab es in 2003 bzw. 2002 vermutlich auch keine Gewinnabführungen an das Land - ist das richtig?

6) Warum fand in den beiden o. g. Geschäftsjahren überhaupt eine Gewinnabführung an die Privaten statt, wenn das Unternehmen doch Verluste machte?

7) Kam es möglicherweise zu den Bilanzverlusten, gerade weil "Gewinne" an die Privaten abgeführt wurden?

8) Nach Ihrer Auskunft wurde die "disproportionale Gewinnverteilung" 2004 zum ersten Mal angewandt. Wenn in den beiden angeführten Jahren 2001/2002 ca. 154 Mio. EUR an die Privaten abgeführt wurden, während das Land gar nichts erhielt - war das keine "disproportionale Gewinnverteilung"?"

30 Mai 2005

50 Prozent der Budapester Abwässer fließen noch immer "direkt und ungefiltert" in die Donau ...

... meldet die Budapester Zeitung vom 30.05.2005.
Etwa ein Viertel der Anteile an der Budapester Wasserwerken hält ein Konsortium aus RWE Aqua GmbH und Suez Environnement S.A.

28 Mai 2005

Klageflut gegen die Wasserpreise in Berlin und Brandenburg

dpa-Meldung, 28.05.2005 (15:16):

Klageflut gegen die Wasserpreise in Berlin und Brandenburg

Berlin - Die Wohnungsunternehmer in Berlin und Brandenburg ziehen nach einem Bericht des Berliner "Tagesspiegels" (Sonnabend) gegen den Senat und die Wasserbetriebe vor Gericht. Weil die Wasserpreise ständig steigen, wolle der Verband Berlin- Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) den Senat mit Klagen überziehen. Vor dem Verwaltungsgericht solle erzwungen werden, dass die Wirtschaftsverwaltung Akteneinsicht in die Tarifkalkulation der Wasserbetriebe (BWB) gewährt. In einem zweiten Verfahren gegen die Finanzverwaltung will die BBU erreichen, dass sie in den Kaufvertrag einsehen kann.

Immerhin seien die Tarife seit Anfang 2004 um 20 Prozent gestiegen und eine weitere Erhöhung um drei bis vier Prozent stehe bevor, sagte BBU-Chef Ludwig Burkhardt der Zeitung. "Bevor in Berlin über eine neue Tarifstruktur nachgedacht wird, müssen die Tarife runter." Das solle nun gerichtlich erzwungen werden.

24 Mai 2005

Mit der von Ihnen angebotenen Einsichtnahme in die Präambel des Vertrages ist mein Informationsbedürfnis allerdings nicht befriedigt ...

Jörn Boewe
Journalist
Falckensteinstr. 28
10997 Berlin

Senatsverwaltung für Finanzen
Klosterstraße 59
10179 Berlin

z. H. Herrn K.

Geschäftszeichen
I C 31 - BT/301-3/305

Akteneinsicht nach Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Konsortialvertrag zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe

Berlin, den 24.05.2005

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch am 18.05.

Mit der von Ihnen angebotenen Einsichtnahme in die Präambel des Vertrages ist mein Informationsbedürfnis allerdings nicht befriedigt.

Aus diesem Grunde halte ich meinen Antrag vom 24.03.2005 aufrecht. Wie ich Ihnen bereits mündlich mitgeteilt habe, interessiert mich insbesondere, wie der Vertrag Fragen der Investitionszusagen, der Renditegarantie und des Nachteilsausgleichs regelt.

Es ist nicht erkennbar, dass den Beteiligten durch die Offenbarung dieser Informationen ein wirtschaftlicher Schaden oder Nachteil entstehen würde. Ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis scheint also nicht vorzuliegen.


Mit freundlichen Grüßen

Jörn Boewe

18 Mai 2005

Heute hatte ich meinen Akteneinsichtstermin bei SenFin ...

Ich hatte ja Einsicht in den Konsortialvertrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz beantragt ... woraufhin SenFin mir erstmal eine Einladung zu einem Gespräch "über Umfang und den Grund des Begehrens" schickte. Naja, strenggenommen hat die das ja gar nicht zu interessieren, aber ich bin natürlich hingegangen, um guten Willen zu zeigen.

Herr K. von der Abteilung Vermögen ist ein netter Beamter, der mir gleich eröffnete, dass "alle Beteiligten" dagegen waren, meinem Antrag stattzugeben.
Der Vertrag füllt einen Leitz-Ordner und enthält offenbar sehr viele Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

"Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse interessieren mich nicht", sagte ich. "Ich will bloß wissen wie das mit den Investitionszusagen, Renditegarantien und dem Nachteilsausgleich ist."

"Das Einzige, was ich Ihnen zeigen darf", sagte Herr K., "ist die Präambel."
Für Fotokopien müsste ich einen gesonderten Antrag stellen.

Ich las also die Präambel (zweieinhalb Seiten), verzichtete auf die Kopien und sagte: "Wenn alles andere geheim ist, hätte ich doch gern einen offiziellen Ablehnungsbescheid."

Schließlich hab ich ja sonst nix, wogegen ich Widerspruch einlegen kann.

Er würde mit den Akten ja ganz anders umgehen, sagte mir Herr K. zum Abschied.
"Aber wir sind hier nicht Herr des Verfahrens", munkelte er hintergründig.

"Na, denn", sagte ich, "passen Sie bloß auf sich auf."

15 April 2005

Von: Jörn Boewe An: SENWAF Pressestelle

" ... Ihre Antwort wirft natürlich ein paar Nachfragen auf.
zu 1) Wenn es so eindeutig ist, dass der Rückkauf das ungünstigere Szenario wäre, können Sie das wahscheinlich auch beziffern. Welche Kosten würde der Rückkauf der Anteile von den privaten Teilhabern denn nach Einschätzung Ihrer Verwaltung - mindestens - verursachen?
zu 3) Wirtschaftliche Folgen:
-Wasserpreise
Die Tarifverordung wird ja vermutlich auf der Grundlage einer Kalkulation erarbeitet. Wo können die Berliner Bürger denn in diese Tarifkalkulation Einblick nehmen?
- Investitionen
Wie hoch ist die vereinbarte Investitionssumme über die erwähnten 10 Jahre? Was geschieht nach Ablauf der 10 Jahre?
Soweit ich die mir vorliegenden Geschäftsberichten überblicke, sind die jährlichen Investitionen nach der Teilprivatisierung allerdings deutlich gesunken - die Beteiligung privater Investoren hat also ein Absinken der Investitionen mit sich gebracht - ist das so korrekt?
- Wirtschaftliche Erlöse
Sie schreiben, dass 2004 zu ersten Mal eine disproportionale Gewinnverteilung stattgefunden hat. Da die Grundlage der Bilanzgewinn von 2003 sein dürfte, müssten das dann 100 Mio. EUR für die privaten Teilhaber und 7 Mio. EUR für das Land Berlin gewesen sein.
Wenn ich die Geschäftsberichte der BWB richtig verstehe, wurden in 2002 78,3 Mio. EUR und in 2001 76,59 Mio. EUR an die privaten Teilhaber abgeführt.
Da es diesen beiden Jahren keine Bilanzgewinne, sondern Verluste (5,7 Mio. bzw. 81,2 Mio. EUR) gemacht wurden, gab es in 2003 bzw. 2002 vermutlich gar keine Gewinnabführungen an das Land.
Möglicherweise habe ich das ja falsch verstanden oder etwas Wichtiges übersehen - haben Sie bitte Nachsicht, ich bin kein Bilanzfachmann! In diesem Fall wäre ich sehr dankbar für eine Richtigstellung ...
Andernfalls hätte ich dazu folgende Fragen:
a) Warum fand in den beiden o. g. Geschäftsjahren überhaupt eine Gewinnabführung an die Privaten statt, wenn das Unternehmen doch Verluste machte?
b) Oder ist es so, dass es zu den Bilanzverlusten kam, gerade weil "Gewinne" an die Privaten abgeführt wurden?
c) Wenn in den beiden angeführten Jahren 2001/2002 ca. 154 Mio. EUR an die Privaten abgeführt wurden, während das Land gar nichts erhielt - wieso war das denn keine "disproportionale Gewinnverteilung"?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen ..."

13 April 2005

Von: Jörn Boewe An: SENFIN Pressestelle

" ... vielen Dank für Ihre detaillierte Antwort.
Dass die Rückkaufsumme sich nicht genau beziffern lässt, weil die rechtlichen Folgen einer Kündigung offenbar unklar sind, leuchtet ein. Allerdings ist es aus Sicht der Berliner Interessen nicht plausibel, warum die Vertreter der damaligen Landesregierung bei der Ausarbeitung des Vertrages vergessen haben, Regelungen für einen derartigen Fall zu treffen.
Ihrer grundsätzlichen Einschätzung der Privatisierung würde ich nur zu gern folgen - allein überzeugen die Fakten in keiner Weise.
Wo liegt denn die Erparnis, wenn anstelle der Zinsen - die ja bei einem Kommunalkredit bei 4,5 - 5% gelegen hätten, nun eine garantierte Rendite von "r+2%" gezahlt werden muss? Das ist doch - wenn man sich die Prognosen für den wachsenden Wert des betriebsnotwendigen Kapitals ansieht - fast das Doppelte, liegt jedenfalls deutlich darüber. Wenn man allein das gegeneinander aufrechnet, kann ich nicht erkennen, wieso das ein günstiges Geschäft für Berlin sein soll. Natürlich bin ich kein Finanzfachmann. Ich wäre dankbar, wenn Sie es mir erklären könnten.
Dazu kommt aber noch, dass im Falle einer Kreditaufnahme das Land weiterhin im 100%igen Besitz der Wasserbetriebe geblieben wäre - und somit wären auch die Gewinne in Gänze an das Land geflossen. Dieser Posten müsste natürlich beachtet werden, wenn man die Auswirkungen für den Landeshaushalt in total darstellen will.
Mit Ihren eigenen Zahlen: Die Teilprivatisierung kostet das Land über 28 Jahre ca. 3,25 Mrd. EUR.
Ein Kredit in Höhe des erzielten Kaufpreises wäre um mehr als eine Mrd. billiger gewesen - oder nicht?
Es ist schwer zu verstehen, warum diese Privatisierung eine vorteilhafte Lösung für Berlin gewesen sein soll. Offenkundig wurden hier mit einer Renditegarantie und einem sehr einseitigen "Nachteilsausgleich" alle unternehmerischen Risiken auf die Allgemeinheit abgewälzt, während die privaten Shareholder - egal wie der Laden läuft - immer Nutznießer sein werden. Das ist das bewährte Modell "Berliner Bankgesellschaft". Die galt ja 1999, zur Zeit der BWB-Privatisierung, auch noch als Erfolgsmodell.
Es sieht eher danach aus, dass die "erfolgreiche BWB-Privatisierung" ein Mythos ist, an dem heute von einigen aus prinzipiellen ideologischen Erwägungen festgehalten wird - ironischerweise auch von denen, die seinerzeit durch den Bankenskandal an die Regierung gekommen sind.
Wie gesagt, ich würde mich gern überzeugen lassen, dass die Dinge ganz anders und besser für Berlin liegen - aber leider konnte mir das noch niemand vorrechnen ..."

12 April 2005

Von: SENFIN Pressestelle An: Jörn Boewe

"Sehr geehrter Herr Boewe,ich fürchte, ich muss beides verneinen. Wenn man - was nicht ernsthaft erwogen wird - tatsächlich "zurückkaufen" bzw. aus dem Konsortialvertrag aussteigen wollte, wäre der letztlich aufzuwendende Betrag nicht zuletzt auch vom Verhalten der privaten Miteigentümer abhängig. Sehr vereinfacht gesprochen: Es gäbe in einem solchen Fall eine Reihe von Bewertungsfragen zu verhandeln.Gestatten Sie mir - nachdem ich Ihren Beitrag kürzlich im Nachtprogramm gesehen habe - eine Bemerkung: Auch wenn Einige aus prinzipiellen Erwägungen daran festhalten - die Behauptung bleibt ein Mythos, das Land Berlin habe sich bei der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe über den Tisch ziehen lassen. Der damals gezahlte Kaufpreis war eine erhebliche Entlastung des Landeshaushalts, diese wirkt aufgrund der ersparten Zinsen dauerhaft. Wenn man die Preiserhöhungen bewerten will, muss man im Kopf haben, dass vor den jetzt erfolgten Erhöhungen seit der Privatisierung lange Zeit Preisstabilität geherrscht hat. Und außerdem, dass - wie auch in anderen Beteiligungsunternehmen des Landes und im öffentlichen Dienst - der größte Kostenfaktor die Personalkosten sind. Und nicht die Rendite der Privatinvestoren.Zwei Sachverhalte, die in den letzten Jahren im Wasserbereich große Summen gekostet haben, sind das Engagement beim SVZ Schwarze Pumpe und beim Telekommunikationsbetreiber Berlikomm. An beiden Entwicklungen war die Teilprivatisierung nicht "schuld" - sie hat aber immerhin dazu geführt, dass das Land die dadurch entstandenen Kosten nicht allein zu tragen hatte. Ob man möglicherweise die Verträge heute anders gestalten würde, als man das seinerzeit getan hat, ist eine andere Frage - eine Ausplünderung des Landes und seiner Bürger stellt die derzeitige Situation aber jedenfalls nicht dar.Mit freundlichen Grüßen ..."

11 April 2005

Von: Jörn Boewe An: SENFIN Pressestelle

" ... vielen Dank für Ihre Antwort. Zu Punkt 3) hätte ich nur noch eine Nachfrage, nämlich, ob es möglich ist, für die Kostenschätzung auch eine Obergrenze anzugeben. Oder, falls dies nicht eingrenzbar ist - ob man wenigesten eine ungefähre Aussage treffen, wie z. B. "mindestens - rund 2 Mrd. EUR" heißt: deutlich unter 3 Mrd. EUR.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen ..."

01 April 2005

Von: SENFIN Pressestelle An: Jörn Boewe

"Sehr geehrter Herr Boewe,vielen Dank für Ihre Fragen. Vorab eine Anmerkung:allgemein liegt die fachliche Zuständigkeit für die Berliner Wasserbetriebe (BWB) und die Berlinwasser Holding (BWH) bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft - bei detaillierten Nachfragen wären Sie dort ggf. besser aufgehoben. zu 1.) Eine Konzessionsabgabe wurde bislang in Berlin nie erhoben. Zur Zeit geleistet wird ein Entgelt für die Nutzung von Straßenland i.H. von 14,8 Mio. € pro Jahr.zu 2.) Als Anstalt des öffentlichen Rechts führen die Berliner Wasserbetriebe ihren Bilanzgewinn (nicht: das Jahresergebnis) an das Land Berlin ab. Dieser wird natürlich immer erst mit dem jeweiligen Jahresabschluss festgestellt - also in dem jeweils folgenden Jahr. In 2002 hat es keinen Bilanzgewinn gegeben, daher gab es 2003 auch keine Abführung an das Land. Im Jahr 2003 betrug der Bilanzgewinn 107,6 Mio. €. Davon hat das Land (im Jahr 2004) einen Betrag von 100 Mio. € an die BWH abgetreten, der restliche Betrag wurde im Landeshaushalt vereinnahmt. Die 100 Mio. € wurden eingesetzt, um gemeinsam mit den privaten Miteigentümern das Telekommunikationsunternehmen Berlikomm zu entschulden. Warum dies notwendig und sinnvoll war, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft in einem ausführlichen Bericht an das Parlament geschildert (Abgeordnetenhaus-Drucksache 15/2935, öffentlich verfügbar unter www.parlament-berlin.de). Der Jahresabschluss für 2004 liegt noch nicht vor.zu 3.) Es gilt weiterhin, dass in einem solchen Fall mit Kosten von - mindestens - rund 2 Mrd. € zu rechnen wäre. Mit freundlichen Grüßen ..."

31 März 2005

Von: Jörn Boewe An: SENFIN Pressestelle

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ich hätte einige Fragen (...)

1. Ich kann im Haushalt 2004/2005 keine Konzessionsabgabe der BWB finden. Wird eine solche nicht mehr erhoben, oder falls sie erhoben wird, wie hoch ist sie?
2. Die Gewinnablieferung der BWB an das Land ist für 2004 mit 7 Mio. EUR, für 2005 mit 10 Mio. EUR angesetzt. Frage: Wie hoch war die Gewinnablieferung im Jahr 2003? Wie hoch war die tatsächliche Gewinnablieferung in 2004?
Das letzte veröffentlichte Jahresergebnis der BWB stammt von 2003 und beträgt 116 Mio. EUR. Wie erklären sich die vergleichsweise niedrigen o.g. Gewinnablieferungen?
3. Im November 2003 rechnete die Senatsverwaltung für Finanzen auf Anfrage der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus ein Rückkaufszenario für die privatisierten Anteile der BWB durch. Ein sofortiger Ausstieg aus dem Konsortialvertrag hätte nach diesen Berechnungen Ende 2003 eine Rückzahlung von rund 2 Mrd. EUR bedeutet. Wie hoch wäre die entsprechende Rückzahlsumme, wenn das Land heute entsprechend diesem Szenario den Vertrag kündigen würde?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen ..."

29 März 2005

Von: SENWAF Pressestelle An: Jörn Boewe

" ... zu 1: das wäre der Rückkauf der Anteile von den privaten Anteilseignern
zu 2: Nutzen für das Land Berlin: Know-how der privaten Anteilseigner wurde bei der BWB eingebracht
zu 3: wirtschaftliche Folgen:Entwicklung der Wasserpreise- Die Tarife ergeben sich aus der Wassertarifverordnung, die unabhängig davon Geltung besitzt, ob das Land Berlin 100% Eigentümer ist oder nur zu 50,1%.
Arbeitsplätze - Mit dem Teilprivatisierung ging ein Kündigungsschutz bis 2015 einher. Die Arbeitsplatzsicherung ist somit gewahrt. Ein mit den notwendigen Effizienzsteigerungen einhergehender Personalabbau erfolgt über verschiedene sozialverträgliche Instrumente, wie z.B. Altersteilszeit und Abfindungen.
Entwicklung der Investitionen - Im Rahmen der Teilprivatisierung wurde eine bestimmte Investitionssumme über einen Zeitraum von 10 Jahren vereinbart, um insbesondere die hohe Wasserqualität im gesamten Einzugsgebiet zu sichern und Rohrschäden zu minimieren.
Vergabe von Aufträgen: Die Vergabe von Aufträgen erfolgt ebenfalls unabhängig von der Gesellschafterstruktur. Vielmehr erfolgt dies mit Blickpunkt auf die Kostenminimierung und Effizienzsteigerung der BWB und damit einhergehend mit Blickpunkt auf die Tarifstabilität
Entwicklung der wirtschaftlichen Erlöse: Das Land Berlin hat mit dem Verkauf einen entsprechend hohen Verkaufspreis erzielt. Die BWB wird auf Basis der Wassertarifverordnung weiterhin entsprechende Gewinne erwirtschaften. Diese werden, soweit keine disproportionale Gewinnverteilung erfolgt (siehe hierzu 4.), entsprechend der Gesellschafteranteile aufgeteilt
Zu 4: Die disproportionale Gewinnverteilung basiert auf dem Konsortialvertrag. Das Land Berlin hat im Gegenzug einen entsprechenden Verkaufspreis im Jahre 1999 erzielt. Eine disproportionale Gewinnverteilung erfolgt insbesondere im Hinblick auf verträgliche Tarifsteigerungen bzw. auf Tarifstetigkeit und somit zugunsten der Tarifkunden. Die disproportionale Gewinnverteilung wird planmäßig bis 2007 erfolgen, wobei erstmals in 2004 eine stattgefunden hat ..."

22 März 2005

Von: Jörn Boewe An: SENWAF Pressestelle

"Vielen Dank für Ihre Antwort, nur ein paar Einzelheiten wüsste ich ganz gern noch etwas genauer:

1. Sie sprechen vom "für das Land Berlin günstigeren Fortführungsszenario". Welche anderen (ungünstigeren) Szenarien gibt es denn aus Sicht der Wirtschaftsverwaltung sonst noch?
2. Welchen Nutzen hat der Teilverkauf der BWB dem Land Berlin gebracht?
3. Wie bewertet der Wirtschaftssenator die wirtschaftlichen Folgen der (Teil-)Privatisierung der BWB, insbesondere hinsichtlich
- der Entwicklung der Wasserpreise
- der Arbeitsplätze
- der Entwicklung der Investitionen
- der Vergabe von Aufträgen an die regionale Wirtschaft, vor allem bei Wartung und Instandhaltung
- der Entwicklung der wirtschaftlichen Erlöse für das Land Berlin?
4. Zu letzterem Punkt würde mich noch interessieren, in welcher Höhe das Land Berlin zugunsten der privaten Teilhaber im Zuge der disproportionalen Gewinnaufteilung auf wirtschaftliche Erlöse bislang verzichtet hat und wie die Prognose für die nächsten Jahre aussieht ..."

Von: SENWAF Pressestelle An: Jörn Boewe

Von: SENWAF Pressestelle
An: Jörn Boewe

" ... Die von Ihnen genannten Zahlen kann ich so nicht nachvollzeihen, aber das Land Berlin hat sich im Bezug auf die Wasserbetriebe für das für das Land Berlin günstigere Fortführungsszenario entschieden.Ob Herr Sarrazin sich verrechnet hat oder in welchem Kontext er diese Äußerungen getan hat, müssten sie bitte ihn selbst befragen.Mit freundlichen Grüßen ..."

19 März 2005

Die Berliner haben Wasser im Überfluss ...

Die Berliner haben Wasser im Überfluss, doch die Kubikmeterpreise, die sie dafür zahlen, gehören zu den höchsten in Europas. Der Preise gingen nach oben, nachdem die Stadt die Hälfte ihrer Anteile an den Wasserwerken an zwei transnationale Konzerne verkaufte.

Damit die beiden Konzerne kein unternehmerisches Risiko eingehen mussten, garantierte ihnen die Stadt eine Mindesrendite. Diese soll - egal wie die Geschäfte laufen - immer 2 Prozent über der Rendite langfristiger Bundesanleihen liegen. Im Moment sind das etwa 8,2 Prozent.

Berlin erzielte 1999 für die 49,9 Prozent Anteile einen Verkaufspreis von knapp 1,69 Milliarden Euro. Die Renditegarantie gilt für 28 Jahre und sichert den beiden Konzernen Einnahmen, die auf das heutige Datum "abgezinst" - wie das die Buchhalter nennen - einer Summe von 3,25 Milliarden Euro entsprechen.

In einem Papier, das wohl nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, aber irgendwie dieser Tage in meine Hände fiel, hatte der Finanzsenator Ende 2003 augerechnet, dass es ca. 2 Mrd. EUR kosten würde, wenn man die privatisierten Anteile von den beiden Konzernen zurückkaufen würde.

Die Erfüllung des Vertrages mit den privaten Shareholdern, so Sarrazin seinerzeit, würde Berlin dagegen 3,25 Mrd. kosten.

Also nochmal:

Fortführung des Vertrages - 3,25 Mrd. EUR
Ausstieg und Rückkauf der Wasserbetriebe - 2 Mrd. EUR.

Die Stadt, deren Finanzen ja nicht so rosig aussahen, würde also eine gute Milliarde einsparen.
Ich meine, das waren ja zwei ziemlich klare Alternativen.

Die Sache begann mich zu interessieren.

Ich schrieb eine Anfrage an die Senatsverwaltung für Wirtschaft, die sich unter der Führung von Senator Harald Wolf befand, eines PDS-Mannes, der 1999 noch als Oppositionsführer im Abgeordnetenhaus gegen die Privatisierung oder zumindest gegen die dubiose Geheimniskrämerei, mit der sie durchgezogen wurde, gekämpft hatte.

Ich schloss meinen Brief mit der Frage:

"Kann man also sagen, dass die Senatsverwaltung für Wirtschaft die Variante verfolgt, bei der Berlin eine Milliarde draufzahlt und am Ende ohne Wasserwerke dasteht?
Wenn ja - warum eigentlich?"