15 April 2005

Von: Jörn Boewe An: SENWAF Pressestelle

" ... Ihre Antwort wirft natürlich ein paar Nachfragen auf.
zu 1) Wenn es so eindeutig ist, dass der Rückkauf das ungünstigere Szenario wäre, können Sie das wahscheinlich auch beziffern. Welche Kosten würde der Rückkauf der Anteile von den privaten Teilhabern denn nach Einschätzung Ihrer Verwaltung - mindestens - verursachen?
zu 3) Wirtschaftliche Folgen:
-Wasserpreise
Die Tarifverordung wird ja vermutlich auf der Grundlage einer Kalkulation erarbeitet. Wo können die Berliner Bürger denn in diese Tarifkalkulation Einblick nehmen?
- Investitionen
Wie hoch ist die vereinbarte Investitionssumme über die erwähnten 10 Jahre? Was geschieht nach Ablauf der 10 Jahre?
Soweit ich die mir vorliegenden Geschäftsberichten überblicke, sind die jährlichen Investitionen nach der Teilprivatisierung allerdings deutlich gesunken - die Beteiligung privater Investoren hat also ein Absinken der Investitionen mit sich gebracht - ist das so korrekt?
- Wirtschaftliche Erlöse
Sie schreiben, dass 2004 zu ersten Mal eine disproportionale Gewinnverteilung stattgefunden hat. Da die Grundlage der Bilanzgewinn von 2003 sein dürfte, müssten das dann 100 Mio. EUR für die privaten Teilhaber und 7 Mio. EUR für das Land Berlin gewesen sein.
Wenn ich die Geschäftsberichte der BWB richtig verstehe, wurden in 2002 78,3 Mio. EUR und in 2001 76,59 Mio. EUR an die privaten Teilhaber abgeführt.
Da es diesen beiden Jahren keine Bilanzgewinne, sondern Verluste (5,7 Mio. bzw. 81,2 Mio. EUR) gemacht wurden, gab es in 2003 bzw. 2002 vermutlich gar keine Gewinnabführungen an das Land.
Möglicherweise habe ich das ja falsch verstanden oder etwas Wichtiges übersehen - haben Sie bitte Nachsicht, ich bin kein Bilanzfachmann! In diesem Fall wäre ich sehr dankbar für eine Richtigstellung ...
Andernfalls hätte ich dazu folgende Fragen:
a) Warum fand in den beiden o. g. Geschäftsjahren überhaupt eine Gewinnabführung an die Privaten statt, wenn das Unternehmen doch Verluste machte?
b) Oder ist es so, dass es zu den Bilanzverlusten kam, gerade weil "Gewinne" an die Privaten abgeführt wurden?
c) Wenn in den beiden angeführten Jahren 2001/2002 ca. 154 Mio. EUR an die Privaten abgeführt wurden, während das Land gar nichts erhielt - wieso war das denn keine "disproportionale Gewinnverteilung"?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen ..."

13 April 2005

Von: Jörn Boewe An: SENFIN Pressestelle

" ... vielen Dank für Ihre detaillierte Antwort.
Dass die Rückkaufsumme sich nicht genau beziffern lässt, weil die rechtlichen Folgen einer Kündigung offenbar unklar sind, leuchtet ein. Allerdings ist es aus Sicht der Berliner Interessen nicht plausibel, warum die Vertreter der damaligen Landesregierung bei der Ausarbeitung des Vertrages vergessen haben, Regelungen für einen derartigen Fall zu treffen.
Ihrer grundsätzlichen Einschätzung der Privatisierung würde ich nur zu gern folgen - allein überzeugen die Fakten in keiner Weise.
Wo liegt denn die Erparnis, wenn anstelle der Zinsen - die ja bei einem Kommunalkredit bei 4,5 - 5% gelegen hätten, nun eine garantierte Rendite von "r+2%" gezahlt werden muss? Das ist doch - wenn man sich die Prognosen für den wachsenden Wert des betriebsnotwendigen Kapitals ansieht - fast das Doppelte, liegt jedenfalls deutlich darüber. Wenn man allein das gegeneinander aufrechnet, kann ich nicht erkennen, wieso das ein günstiges Geschäft für Berlin sein soll. Natürlich bin ich kein Finanzfachmann. Ich wäre dankbar, wenn Sie es mir erklären könnten.
Dazu kommt aber noch, dass im Falle einer Kreditaufnahme das Land weiterhin im 100%igen Besitz der Wasserbetriebe geblieben wäre - und somit wären auch die Gewinne in Gänze an das Land geflossen. Dieser Posten müsste natürlich beachtet werden, wenn man die Auswirkungen für den Landeshaushalt in total darstellen will.
Mit Ihren eigenen Zahlen: Die Teilprivatisierung kostet das Land über 28 Jahre ca. 3,25 Mrd. EUR.
Ein Kredit in Höhe des erzielten Kaufpreises wäre um mehr als eine Mrd. billiger gewesen - oder nicht?
Es ist schwer zu verstehen, warum diese Privatisierung eine vorteilhafte Lösung für Berlin gewesen sein soll. Offenkundig wurden hier mit einer Renditegarantie und einem sehr einseitigen "Nachteilsausgleich" alle unternehmerischen Risiken auf die Allgemeinheit abgewälzt, während die privaten Shareholder - egal wie der Laden läuft - immer Nutznießer sein werden. Das ist das bewährte Modell "Berliner Bankgesellschaft". Die galt ja 1999, zur Zeit der BWB-Privatisierung, auch noch als Erfolgsmodell.
Es sieht eher danach aus, dass die "erfolgreiche BWB-Privatisierung" ein Mythos ist, an dem heute von einigen aus prinzipiellen ideologischen Erwägungen festgehalten wird - ironischerweise auch von denen, die seinerzeit durch den Bankenskandal an die Regierung gekommen sind.
Wie gesagt, ich würde mich gern überzeugen lassen, dass die Dinge ganz anders und besser für Berlin liegen - aber leider konnte mir das noch niemand vorrechnen ..."

12 April 2005

Von: SENFIN Pressestelle An: Jörn Boewe

"Sehr geehrter Herr Boewe,ich fürchte, ich muss beides verneinen. Wenn man - was nicht ernsthaft erwogen wird - tatsächlich "zurückkaufen" bzw. aus dem Konsortialvertrag aussteigen wollte, wäre der letztlich aufzuwendende Betrag nicht zuletzt auch vom Verhalten der privaten Miteigentümer abhängig. Sehr vereinfacht gesprochen: Es gäbe in einem solchen Fall eine Reihe von Bewertungsfragen zu verhandeln.Gestatten Sie mir - nachdem ich Ihren Beitrag kürzlich im Nachtprogramm gesehen habe - eine Bemerkung: Auch wenn Einige aus prinzipiellen Erwägungen daran festhalten - die Behauptung bleibt ein Mythos, das Land Berlin habe sich bei der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe über den Tisch ziehen lassen. Der damals gezahlte Kaufpreis war eine erhebliche Entlastung des Landeshaushalts, diese wirkt aufgrund der ersparten Zinsen dauerhaft. Wenn man die Preiserhöhungen bewerten will, muss man im Kopf haben, dass vor den jetzt erfolgten Erhöhungen seit der Privatisierung lange Zeit Preisstabilität geherrscht hat. Und außerdem, dass - wie auch in anderen Beteiligungsunternehmen des Landes und im öffentlichen Dienst - der größte Kostenfaktor die Personalkosten sind. Und nicht die Rendite der Privatinvestoren.Zwei Sachverhalte, die in den letzten Jahren im Wasserbereich große Summen gekostet haben, sind das Engagement beim SVZ Schwarze Pumpe und beim Telekommunikationsbetreiber Berlikomm. An beiden Entwicklungen war die Teilprivatisierung nicht "schuld" - sie hat aber immerhin dazu geführt, dass das Land die dadurch entstandenen Kosten nicht allein zu tragen hatte. Ob man möglicherweise die Verträge heute anders gestalten würde, als man das seinerzeit getan hat, ist eine andere Frage - eine Ausplünderung des Landes und seiner Bürger stellt die derzeitige Situation aber jedenfalls nicht dar.Mit freundlichen Grüßen ..."

11 April 2005

Von: Jörn Boewe An: SENFIN Pressestelle

" ... vielen Dank für Ihre Antwort. Zu Punkt 3) hätte ich nur noch eine Nachfrage, nämlich, ob es möglich ist, für die Kostenschätzung auch eine Obergrenze anzugeben. Oder, falls dies nicht eingrenzbar ist - ob man wenigesten eine ungefähre Aussage treffen, wie z. B. "mindestens - rund 2 Mrd. EUR" heißt: deutlich unter 3 Mrd. EUR.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen ..."

01 April 2005

Von: SENFIN Pressestelle An: Jörn Boewe

"Sehr geehrter Herr Boewe,vielen Dank für Ihre Fragen. Vorab eine Anmerkung:allgemein liegt die fachliche Zuständigkeit für die Berliner Wasserbetriebe (BWB) und die Berlinwasser Holding (BWH) bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft - bei detaillierten Nachfragen wären Sie dort ggf. besser aufgehoben. zu 1.) Eine Konzessionsabgabe wurde bislang in Berlin nie erhoben. Zur Zeit geleistet wird ein Entgelt für die Nutzung von Straßenland i.H. von 14,8 Mio. € pro Jahr.zu 2.) Als Anstalt des öffentlichen Rechts führen die Berliner Wasserbetriebe ihren Bilanzgewinn (nicht: das Jahresergebnis) an das Land Berlin ab. Dieser wird natürlich immer erst mit dem jeweiligen Jahresabschluss festgestellt - also in dem jeweils folgenden Jahr. In 2002 hat es keinen Bilanzgewinn gegeben, daher gab es 2003 auch keine Abführung an das Land. Im Jahr 2003 betrug der Bilanzgewinn 107,6 Mio. €. Davon hat das Land (im Jahr 2004) einen Betrag von 100 Mio. € an die BWH abgetreten, der restliche Betrag wurde im Landeshaushalt vereinnahmt. Die 100 Mio. € wurden eingesetzt, um gemeinsam mit den privaten Miteigentümern das Telekommunikationsunternehmen Berlikomm zu entschulden. Warum dies notwendig und sinnvoll war, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft in einem ausführlichen Bericht an das Parlament geschildert (Abgeordnetenhaus-Drucksache 15/2935, öffentlich verfügbar unter www.parlament-berlin.de). Der Jahresabschluss für 2004 liegt noch nicht vor.zu 3.) Es gilt weiterhin, dass in einem solchen Fall mit Kosten von - mindestens - rund 2 Mrd. € zu rechnen wäre. Mit freundlichen Grüßen ..."