28 November 2006

Berliner Wasserbetriebe mit Gewinnsprung

Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) können nach Zeitungsangaben einen kräftigen Gewinnzuwachs verzeichnen.

Wie die "Berliner Zeitung" (Dienstag) berichtet, stiegen die Erlöse des Unternehmens in den ersten neun Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 29,7 Millionen Euro auf 869,8 Millionen Euro. Damit sei auch der Gewinn vor Steuern kräftig um 21 Prozent auf 221,6 Millionen Euro geklettert.

Wesentlicher Grund für den Umsatz- und Gewinnsprung sei aus Sicht des Unternehmens die "außergewöhnlich trockene und warme Wetterlage" bis einschließlich Juli. Infolgedessen seien 3,1 Millionen Kubikmeter mehr Trinkwasser an die Verbraucher abgegeben worden als in den ersten drei Quartalen 2005.

Zur Gewinnentwicklung beigetragen habe allerdings auch eine Senkung der Personalkosten um 3,1 Prozent. Zudem seien die BWB-Investitionen um 13,4 Millionen Euro oder 6,9 Prozent auf 182,2 Millionen Euro zurückgefahren worden.

Wie es in einer Unterrichtung für den BWB-Aufsichtsrat heiße, könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, "dass der sehr positive Trend bei der Trinkwasserabgabe dauerhaft ist". Dennoch plädiere der Anteileigner RWE, dafür, die Gewinnausschüttung zu erhöhen und die auf die privaten Gesellschafter für dieses Jahr entfallende garantierte Mindestrendite von 133,6 Millionen Euro (RWE-Anteil: 66,8 Millionen Euro) entsprechend aufzustocken.

Der BWB-Aufsichtsratsvorsitzende, Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei), wolle dagegen möglichst viel von den Zusatz-Gewinnen im Unternehmen belassen, um die auch für nächsten Jahre erwarteten Erhöhungen der Wasserpreise in halbwegs moderaten Grenzen halten zu können. Quelle: rbb

28.11.2006 09:04

22 März 2006

Am 13. Januar schrieb Prof. Dr. Rolf Kreibich vom Berliner Institut für Zukunftsforschung einen Brief an Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) ...

Gleichlautend an:
den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit u.
den Finanzsenator Dr. Thilo Sarrazin

An den Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen
Herrn Harald Wolf
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen
Martin-Luther-Str. 105

10825 Berlin

Berlin, den 13.01.2006 RK/ra

Sehr geehrter Herr Wolf,

das neue Jahr soll innovativ und streitbar für bessere Entwicklungen beginnen. Deshalb möchte ich Sie gleich eingangs ermuntern, eine wichtige Entscheidung zur Stärkung der Wirtschaftskraft unserer Berliner Unternehmen und der Kaufkraft der Berliner Bürger zu treffen.

Als langjähriges Mitglied des Energiebeirats des Landes Berlin verfolge ich mit größtem Unbehagen die ständigen Preiserhöhungen der großen Energieversorger auch in Berlin. Mittlerweile sind wir so weit, daß zahlreiche Klein- und Mittelbetriebe wegen der hohen Energiepreise Insolvenz anmelden und die Privatkunden einen unverhältnismäßig hohen Anteil ihrer laufenden Lebenshaltungskosten für Energie ausgeben müssen. Wie Sie den beigefügten Unterlagen entnehmen können, führe ich seit nunmehr über einem Jahr eine Auseinandersetzung mit dem Vorstand der Gasag über die Gaspreiserhöhungen und bemühe mich, die Firma Vattenfall von weiteren Preiserhöhungen abzuhalten. Des weiteren habe ich schon am 25. April 2005 die Landeskartellbehörde aufgefordert, endlich tätig zu werden, um die ungerechtfertigten Preiserhöhungen im Interesse einer gedeihlichen Wirtschaftsentwicklung und zur Entlastung der Bürger abzuwehren. Leider war das alles vergebens. Nun hoffe ich nur, daß die gemeinsame Klage der Verbraucherzentrale Erfolg haben wird.

Die Frage ist jedoch, ob es erst zu einem langwierigen Klageweg kommen muß. Um die Prozeßhanselei zu verhindern, fordere ich Sie auf:

+ dem Beispiel des Hessischen Wirtschaftsministers Dr. Alois Rhiel und der Hesseischen Landesregierung zu folgen und die Anhebung der Energiepreise im Land Berlin zu verbieten;

+ das Landeskartellamt anzuweisen, unverzüglich eine Prüfung durchzuführen, um die Recht- bzw. Unrechtmäßigkeit der Preiserhöhungen festzustellen und zu unterbinden.

Den beigefügten Jahreskalender 2006 möchte ich Ihnen für Ihr Dienstzimmer übersenden.

Mit den besten Grüßen

Prof. Dr. Rolf Kreibich

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Wolf antwortete am 4. März:



> Brief lesen ...

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Daraufhin schrieb Kreibich am 14. März erneut an den Senator:


Herrn Senator Harald Wolf
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit u. Frauen
Martin-Luther-Str. 105

10825 Berlin

Berlin, den 14. März 2006


Energiepreise
Ihr Schreiben vom 4.03.06; hier eingegangen am 10.03.06
Sondersitzung des Energiebeirates des Landes Berlin am 16.3.2006



Sehr geehrter Herr Senator,

ich bedanke mich für Ihr Schreiben vom 4.04.06.
Leider kann ich nicht verhehlen, daß mich der Inhalt des Schreibens keineswegs befriedigt. Im Gegenteil, hier werden in langen Ausführungen alte bekannte Positionen des Landeskartellamtes dargelegt, die in keiner Hinsicht dem Stand der Dinge gerecht werden.

Um Ihnen meine Ausgangsposition noch einmal zu verdeutlichen, übersende ich Ihnen mein Schreiben an den Vorstandsvorsitzenden der GASAG, Georges Hoffmann, vom 25.04.2005 (Anlage 1). Ich habe hier dargelegt, daß ich mich als nunmehr über 22jähriges Mitglied des Energiebeirates des Landes Berlin, mittlerweile wohl das am längsten amtierende, in all den Jahren für eine sichere, effiziente, kostengünstige, ökologisch und sozial verträgliche Energiepolitik im Land Berlin eingesetzt habe, insbesondere auch im Hinblick auf die Gasversorgung als langfristige Übergangsstrategie.

Vor diesem Hintergrund finde ich die Ausführungen des Landeskartellamts nicht nur dürftig, sondern sogar ärgerlich.
Im einzelnen nehme ich dazu wie folgt Stellung:

1.Stromtarife – Vattenfall
Monatelang hat Vattenfall die ganze Stadt mit Plakaten und Anzeigen überschüttet und die Medien mit Größtanzeigen vollgekleistert, um den Markennamen Bewag zu tilgen und Vattenfall durchzusetzen. Um das Bild des „freundlichen Energieversorgers“ zu suggerieren und nicht zu trüben, hat Vattenfall bis zur Jahreswende 2005/2006 immer wieder erklärt, man werde im Jahr 2006 keine Strompreiserhöhungen vornehmen. Schon im Januar 2006 kam dann die Katze aus dem Sack, Vattenfall werde doch die Berliner Strompreise ab 1. Mai 2006 um weitere 6 bis 7 % erhöhen. Wie der Presse zu entnehmen war, lag die Erhöhungsabsicht sogar schon lange fest. Das entsprechende Strategiepapier war vorher allerdings noch im Safe, aber der Landeskartellbehörde längst bekannt.

Sie wissen sicher selbst sehr gut, daß kaum ein Stromverbraucher so kundig ist, daß er die Machenschaften der großen Monopolisten durchschaut und ohne weiteres zu einem anderen Anbieter wechselt. Man traut bei einer elementaren lebenswichtigen Versorgung seinem Energieversorger, seiner Bewag (Vattenfall) einfach nicht zu, daß man so schamlos hinters Licht geführt werden könne, schließlich wird ja auch die ganze Freundlichkeitskampagne mit vielen Millionen Euro aus dem Stromkunden-Geld vom Senat von Berlin überwacht. Woher haben denn die großen Energieversorger die 145 Milliarden Euro flüssiges Kapital? Wieso kann E.ON für die Übernahme des größten spanischen Energiekonzerns Endesa locker 29,4 Milliarden € hinblättern und der E.ON-Vorstandsvorsitzende, Wulf H. Bernotat vor wenigen Tagen zudem verkünden, daß E.ON dazu noch einiges draufsatteln könne.

2.Gasmarkt – Gaspreise
Zunächst einmal ist der Gasmarkt ein absoluter Monopol- bzw. Oligopolmarkt, dem der Gaskunde überhaupt nicht entkommen kann. Ich habe das selbst bitter feststellen müssen, nachdem ich vor Jahren meine Ölheizungs- und Warmwasserbereitungsanlage auf eine Gasbrennwert-Wasserspeicher-Solarthermie-Kombinationsanlage umgestellt habe. Damit habe ich zwar 40% Energie, CO2 und weitere Schadstoffemissionen eingespart und damit nicht nur für mich, sondern auch für die Allgemeinheit einen kleinen Klimabeitrag geleistet.

Jetzt hänge ich aber mit meiner teuren Anlage fest am Gasnetz und kann nur noch zwischen Pest und Cholera wählen: Entweder ich reiße die phantastische neue teure Anlage wieder heraus und gehe auf Pelletheizung über oder ich wähle den Gaspreisboykott. Wie Sie wissen, habe ich mich für letzteres entschieden. Das möchte ich erläutern:

Es gibt – entgegen allgemein verbreiteter Meinung – keinerlei gesetzliche Grundlage, wonach der Gaspreis an den Ölpreis gekoppelt werden muß. Die Kopplung ist eine reine Erfindung der monopolistischen Gasindustrie.
Die „Prüfung“ der Ölpreisbindung durch das Bundeskartellamt erfolgt seit nunmehr mehr als fünf Jahren. Herausgekommen ist bisher für die privaten und gewerblichen Gaskunden nichts, außer ständige Gaspreiserhöhungen. Auch der neueste Vorstoß des Bundeskartellamts, der seit ca. anderthalb Jahren läuft, scheint sich – entgegen Ihrer Darstellung – wiederum im Nichts aufzulösen. Dafür sprechen die bisherigen Ergebnisse ein eindeutige Sprache (siehe auch weiter unten).
Es geht nicht allein um die Verkürzung der Laufzeiten von Verträgen, schon gar nicht bei den vier bis fünf dominierenden Monopolisten, die ihre Verträge mit den Produzenten in Rußland, Norwegen etc. direkt abschließen oder schon vor Jahren abgeschlossen haben. Besonders die marktbeherrschenden Unternehmen wie E.ON Ruhrgas und die GASAG (jetzt: Gaz de France 31,575%, Vattenfall Europe AG 31,575%, Thüge AG 36,85%) haben vor Jahren sehr langfristige Verträge abgeschlossen, wonach über 30 bis 40 Jahre äußerst niedrige Einkaufspreise für Gas garantiert sind; die GASAG soll vor Jahren Erdgas von Rußland für 1,3 Pfennige pro Kwh eingekauft haben und verkauft jetzt die Kilowattstunde an uns Gaskunden für 6,8 Cent, also etwa das Zehnfache. Solange diese Verträge nicht offengelegt werden und die Landeskartellbehörde nicht bereit ist, die GASAG dazu zu zwingen diese Verträge offenzulegen, müssen alle Privat- und Gewerbekunden jede Preiserhöhung verweigern.
Es grenzt schon an Kundenverdummung, wenn die Landeskartellbehörde Ihres Hauses die Entwicklung der Gaspreise lediglich im bundesweiten Vergleich prüft und dann feststellt, daß die Preise der GASAG irgendwo im Mittelfeld der Gasanbieter in der Bundesrepublik liegen. Wenn alle Anbieter kräftig zulangen und die Privat- und Gewerbekunden fest an der Gasleitung hängen, dann ist es nur ein geringer Trost, daß die GASAG sich nicht am stärksten von allen bereichert.
Sie schreiben:
„Die Landeskartellbehörde prüft die Preisgestaltung der GASAG auch auf der Grundlage der - im kartellrechtlichen Schrifttum allerdings umstrittenen - sogenannten Sockeltheorie. Nach der Sockeltheorie kann ein Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorliegen, wenn die Preisanhebung gegenüber dem vorher geltenden Preis (dem „Sockelpreis“) nicht durch die seither eingetretenen Kostenerhöhungen gerechtfertigt werden kann. Die GASAG hat auf ein Schreiben der Landeskartellbehörde aus dem September letzten Jahres mit Schreiben vom 12. Oktober 2005 zugesichert, mit ihrer Preiserhöhung zum 01.10.2005 nicht mehr als die Gasbezugskostenerhöhungen an ihre Kunden weiterzugeben.

Die GASAG hat sich darüber hinaus bereit erklärt, die Angemessenheit ihrer Preisanhebung zum 01.01.2006 gutachterlich feststellen zu lassen. Die Landeskartellbehörde wird dieses Gutachten einer genauen Prüfung unterziehen. Außerdem hat die GASAG inzwischen erklärt, daß sie das Gutachten über die Angemessenheit ihrer Preiserhöhungen auch im Rahmen der von der Verbraucherzentrale eingereichten Sammelklage dem Landgericht zur Verfügung stellen will.“

Es ist doch wohl ein Witz, daß Ihre Landeskartellbehörde nicht selbständig prüft, sondern sich auf „Zusicherungs-Schreiben“ der GASAG beruft. Noch lächerlicher ist der Hinweis, daß man sich auf gutachterliche Feststellungen gerade jenes Unternehmens beruft, das von Ihrer Behörde kontrolliert werden soll. Bei der Bankgesellschaft Berlin wurden in den Jahren 1998 bis 2001 ca. 18 Wirtschaftsprüfungsgutachten von bekannt-berüchtigten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Auftrag der Bankgesellschaft durchgeführt. Diese haben ca. 340 Mio. € gekostet, waren fast alle gefällig für die Bankgesellschaft und im Jahr 2001 war die Bankgesellschaft Berlin Pleite und das Land Berlin verabschiedete wenig später ein Gesetz mit einer Risikoübernahme von 21,4 Milliarden € zu Lasten des Berliner Steuerzahlers!

3.GASAG-Privatisierung und Gaspreise
Ihnen ist bekannt, daß durch den Verkauf der GASAG für das Land Berlin ein nicht wieder gutzumachender Schaden entstanden ist. Das ist nicht in Ihrer Amtszeit erfolgt, aber der damals erzielte Discountpreis für die GASAG ist wie der Verkauf des weiteren Berliner Tafelsilbers (BEWAG, Wasserbetriebe, Wohnungsbaugesellschaften etc.) im Berliner Schuldenberg wie nichts verschwunden. Heute hat das Land Berlin die gigantische Schuldensumme von „65 Milliarden Euro“ (Finanzsenator Sarrazin) und eine tägliche Zinsbelastung von 6,4 Mio. € zu schultern. Anstatt die Energieversorgungsbetriebe für die Stadt und ihre Finanzen zu nutzen, wie das zahlreiche andere Großstädte machen, wurden die hoch wertschöpfenden „Milchkühe“ verschleudert. Aber damit nicht genug. In einer Anhörung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vor wenigen Tagen am 9.03.2006, an der ich auch teilgenommen habe, führte das Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, Felicitas Kubalas, aus, daß die GASAG vor dem Verkauf und der Privatisierung jährlich 50 bis 90 Mio. € in Berlin investiert hat und seit der Privatisierung nur noch 30 Mio. € jährlich. Die Gewinne beliefen sich aber in den letzten Jahren (2003 bis 2005) zwischen 50 und 60 Mio. € und werden offensichtlich an die Vorstände und Aktionäre verteilt.

Ich bin der Meinung, daß diese Zahlen für sich sprechen und so empfinde ich es als empörend, daß wieder die Bürger – nicht das Landeskartellamt und der Senat von Berlin – durch eine Sammelklage gegen die GASAG ihr Recht auf angemessene Preise und Dienstleistungen erstreiten müssen. Man kann nur hoffen, daß die Sammelklage der Bürger und der Verbraucherzentrale Berlin endlich Licht in das Dunkel der Monopolmächtigen bringt, die zudem unsere freie Marktwirtschaft ad absurdum führen.

4.Gaspreise und die Folgen
Als langjähriger Streiter für eine neue Energie- und Klimapolitik der Energieeffizienz, des sparsamen Umgangs mit Energie und der Förderung und Nutzung regenerativer Energien könnte ich es mir leicht machen und dem Treiben bei der Energiepreiserhöhung gelassen zusehen. Die Folgen sind schon jetzt enorm:

Noch nie war das Ansehen der Energieversorger und der Energieaufsichtsbehörden in der Bevölkerung so schlecht wie heute.

Viele Privatkunden haben jetzt erst verstanden, daß es wichtig ist, jetzt endlich die Erhöhung der Energiepreise zu boykottieren – es sind immerhin schon weit über 500.000 in der Bundesrepublik - und den Stromversorger zu wechseln, um bei wirklichen Ökostrom-Anbietern wie den Firmen Lichtblick, Greenpeace-Energy u. a. ihren Strom zu beziehen. Dieser Strom ist ja heute nicht mehr teurer und, wenn die Preise so weiter klettern, bald erheblich billiger. Außerdem beteiligen sich die Ökostrombezieher auch am lebenswichtigen Klimaschutz zur Erhaltung unser aller Lebensgrundlagen.

Was mich besonders irritiert, daß Sie als Senator für Wirtschaft und Arbeit nicht sehen, daß die hohen Energiepreise auch unsere Unternehmen stark belasten und sogar gefährden. Die ersten Klein- und Mittelbetriebe wurden schon in die Pleite getrieben. Gerade in der wirtschaftsschwachen Stadt Berlin – wir stehen an vorletzter Stelle aller Bundesländer in den relevanten Wirtschaftsdaten – ist das ein Faktor, der gar nicht hoch genug bewertet werden kann.

Und noch ein trauriges Kapitel: Die bekannte Fernseh-Magazinsendung Frontal21 des ZDF hat am 21.02.2006 festgestellt, daß die Gaswirtschaft über ihren Lobby-Verband BGW-Bundesverband der Gas- und Wasserwirtschaft der Bundesnetzagentur die entscheidenden Eckpunkte für ihre künftige Arbeit diktiert hat. Die Sitzungsprotokolle der Gaswirtschaft (BGW) vom 21.02.06 und ihrer gemeinsamen Sitzung mit der Bundesnetzagentur vom 30.01.2006 liegen Frontal21 vor. Daraus geht eindeutig hervor, daß der BGW-Präsident Feist den Chefs der Behörde Matthias Kurth (Präsident der Bundesnetzagentur) und Martin Cronenberg (Vizepräsident der Bundesnetzagentur) ihre „unverhandelbaren Bedingungen- Bedingungen, die den Wettbewerb erschweren“ beziehungsweise unmöglich machen, regelrecht diktiert haben.

Im Protokoll des BGW heißt es wörtlich: „Die Gaswirtschaft wird Konsultationen mit der Bundesnetzagentur erst wieder zustimmen, wenn in bilateralen Gesprächen zwischen Gaswirtschaft und Bundesnetzagentur Einvernehmen über Eckpunkte erzielt wurde, die nicht verhandelbar sind.“

Dieses Ergebnis ist offenbar genau so erzielt worden, wie vom BGW vorgesehen. Zur Täuschung der Öffentlichkeit hat aber der Präsident der Bundesnetzagentur auf einer Pressekonferenz am 31.1.2006 dieses Diktat als „Erfolg“ verkündet; wörtlich:
„Heute ist uns gelungen, einen wichtigen Meilenstein zu erreichen, zum Ziel eines transparenten Gasnetzzugangsmodells in Deutschland.“
Ich füge Ihnen den Text der gesamten Frontal21-Sendung bei (Anlage 2).

Vor dem von mir skizzierten Hintergrund halte ich die im meinem Schreiben vom 13.01.2006 an Sie, den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und Finanzsenator Dr. Thilo Sarrazin gerichteten Forderungen voll aufrecht:

+ dem Beispiel des Hessischen Wirtschaftsministers Dr. Alois Rhiel und der Hesseischen Landesregierung zu folgen und die Anhebung der Energiepreise auch im Land Berlin zu verbieten;

+ das Landeskartellamt anzuweisen, unverzüglich eine Prüfung durchzuführen, um die Recht- bzw. Unrechtmäßigkeit der Preiserhöhungen festzustellen und zu unterbinden.

Ich erlaube mir, Kopien dieses Schreiben an den Regierenden Bürgermeister, den Finanzsenator, die Senatorin für Stadtentwicklung, die Staatssekretärin für Energie und Verkehr in der Stadtentwicklungsverwaltung und die Mitglieder des Energiebeirats des Landes Berlin zu versenden.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Rolf Kreibich

US-Bürger wollen von RWE ihre Wasserversorgung zurück haben

RWE will seine Wassersparte in den USA (American Water Works) nach nur dreijähriger Betätigung mit höchstmöglichem Profit verkaufen.
Die Bürger der betroffenen Bundesstaaten in den USA hingegen kämpfen um die Rekommunalisierung ihrer Wasserversorgung, weil die Erfahrungen mit dem Deutschen Multi-Utility-Konzern alles andere als befriedigend waren.
RWE hatte im Jahr 2000 den britischen Wasserversorger Thames Water aufgekauft, um mit diesem strategischen Zwischenschritt im internationalen Wassergeschäft Fuß zu fassen.
Im Jahr 2003 kam die Übernahme von American Water Works hinzu, dem größten US-Wasserunternehmen, welches über 15 Millionen Menschen in 29 US-Bundesstaaten und 3 Kanadischen Provincen versorgt. (z.B. in Lexington/ Kentucky, Champaign/Illinois, Chatanooga/Tennessee, Monterey/California, Urbana/Illinois, Pekin/Illinois, Gary/ Indiana, Felton/California etc.) Der Kaufpreis von 8 Milliarden Euro war selbst für RWE ein dicker Brocken. Mit diesen Zukäufen konnte jedoch RWE zum international drittgrößten „Wasser-Konzern“ aufgestiegen, hinter den französischen Konkurrenten Suez / Ondeo und Vivendi / Veolia. Die Kritiker nennen solche Multi-Utility-Konzerne auch „Water Grabber“, also Wasser-Grabscher.

RWE-Vorstand Harry Roels versicherte damals, eine lang angelegte Partnerschaft mit den US-Kommunen aufbauen zu wollen, zur Zufriedenheit der Kunden. Wie schnell doch die Zeit vergehen kann ! Nun hat der RWE-Konzern beschlossen, seine Strategie zu ändern und Teile seines „Wassergeschäfts“ abzustoßen. Dabei wird bei solchen Verkäufen mit der Wasserversorgung der Bürger genauso lässig umgegangen, wie mit jedem anderen Wirtschaftsgut auch. Wer am meisten zahlt, bekommt den Zuschlag. Die Bürger in den betroffenen Bundesstaaten wollen hingegen, aufgrund schlechter Erfahrungen mit der Wasserprivatisierung, dass das Wasser wieder in kommunaler Hand verwaltet wird.

In der nächster Zukunft wird sich die Auseinandersetzung zuspitzen bezüglich der Frage, ob sich die Kapitalinteressen von RWE,- oder aber der Wille der Bevölkerung durchsetzen wird. Die aktiven Gruppen in den USA bitten jedenfalls um Hilfe und Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer - legitimen - Interessen. Ein nächster Termin in diesem Streit wird die RWE-Hauptversammlung am 13.April 2006 in Essen sein !

Zu einem besseren Verständnis der Gesamtsituation soll zunächst ein Abriss über die politische Firmengeschichte von RWE zeigen, dass die Daseinsvorsorge in den Händen von Konzernen wegen gegenläufiger Interessen nicht gut aufgehoben ist.
Am 25.4.1898 wurde RWE in Essen / Ruhrgebiet gegründet, (Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerks Aktiengesellschaft) um die Stadt Essen mit Elektrizität zu versorgen.
Dem Vorausgegangen waren die Aktivitäten von Wilhelm Lahmeyer, der elektrische Maschinen und vor allem leistungsfähige Generatoren entwickelt hatte, die die Grundlage der Stromversorgung bilden sollten.
Schon kurze Zeit später, 1902, übernahmen die Mitgründer Hugo Stinnes und August Thyssen RWE und begannen eine aggressive Expansionsstrategie. Sie übernahmen die Versorgung vieler umliegender Städte und entwickelten eine Methode, die bis heute „erfolgreich“ ist: Sie beteiligten die Kommunen am Aktienkapital und setzten die Bürgermeister in ihren Aufsichtsrat, wodurch sie in kurzer Zeit große Gebietsmonopole aufbauen- und sich exklusiv Konzessionen sichern konnten. Einer der prominentesten RWE-Aufsichtsräte: Konrad Adenauer, Kölner OB, von 1949 bis 1963 Bundeskanzler, und von 1920 bis 1932 im RWE-Aufsichtsrat. Besorgt über Vorwärtsdrang von RWE gründeten andere Akteure 1906 die VEW ( Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen AG ) um RWE etwas entgegensetzen zu können. Dem war wenig Erfolg beschieden und im Jahr 2000, als fast 100 Jahre später, wurde VEW von RWE übernommen.
Die immer umfangreicheren Zukäufe des RWE-Imperiums finanzierten die Herren Stinnes und Thyssen u.a. mit Hilfe der Deutschen Bank, die bis heute Anteilseigner bei RWE ist.
Im ersten Weltkrieg war Hugo Stinnes einer der bedeutendsten Kriegslieferanten, und einer der führenden Ausbeuter von Rohstoffen in besetzen Gebieten. Für die Kriegsvorbereitungen des zweiten Weltkrieges, also ab 1936, benötigten die Nationalsozialisten die Mitarbeit von Konzernen wie RWE. Während des Krieges wurden dann die Energieversorgungssysteme von Belgien, Frankreich und den Niederlanden an das RWE Netz angeschlossen, um mehr Kapazitäten für die deutsche Kriegswirtschaft nutzen zu können.
Nach dem zweiten Weltkrieg mauserte sich RWE wieder schnell und erfolgreich mit dem bewährten Rezept: Aufnahme von führenden Kommunalpolitikern in die eigenen Gremien!
Später, im Jahr 1958 baute RWE einen ersten kleinen Atomreaktor in Kahl, dem aber noch kein wirtschaftlicher Erfolg beschieden war. Weitere Atomkraftwerke folgten. In den 80er und 90er Jahren fanden weitere Diversifizierungen statt. RWE engagierte sich in Bereichen wie Müllverbrennung, im Bausektor, mit Mineralöl und mit Druckmaschinen.
Durch die erkennbar weltweite Verknappung von Süßwasser entstand bei RWE die Überzeugung, dass mit der Wasserversorgung die Konzern-Profite nach oben geschraubt werden können und dass mit dem know-how der heimischen Wasserwerker auch Übernahmen in Ländern der dritten Welt möglich sein sollten. Dieser Überzeugung folgend hatte RWE im Jahr 2000 den britischen Wasser Multi Thames Water übernommen, als neue „Führungsgesellschaft“ mit Sitz in Reading bei London, um so international in diesem „Wachstumsmarkt“ gut aufgestellt zu sein. Dazu die RWE AG über sich selbst:
"...wir sind weltweit das ehrgeizigste Wasserunternehmen...“
„...Wasser soll der am schnellsten wachsende Geschäftsbereich sein...“
„… wir streben an, Großaufträge in Asien zu sichern...“
„ ...die inhärente Stärke des Wassergeschäfts ruht auf den Grundlagen nachhaltigen Wachstums..." (aus der RWE-homepage)

Mit dieser Strategie, die zunächst vom RWE-Vorstandsvorsitzenden Dietmar Kuhnt eingefädelt,- und später von seinem Nachfolger Harry Roels weitergeführt wurde, hat sich die RWE AG als weltweit drittgrößter Anbieter für Wasser- und Abwasserdienstleistungen aufgestellt. RWE-Thames Water ist seitdem in vielen Ländern im Wassersektor tätig, wie z.B. in Budapest/Ungarn, Berlin/Deutschland, Shanghai/China, Jakarta/Indonesien, Bangkok/Thailiand, sowie auch in Austrailien, Indien, Japan, Singapur, Malaysia und natürlich London, dem Ursprungsort von Thames Water.

Um den US-amerikanischen Markt zu erobern, kam wie bereits geschildert, im Jahre 2003 der Erwerb von American Water Works hinzu, dem größten amerikanischen Wasserversorger, um dessen Verkauf sich die hier beschriebene Auseinandersetzung dreht. Dreh- und Angelpunkt wird nun die Frage sein, ob ein mächtiger Großkonzern, der das klare Ziel hat, Profit zu erwirtschaften, dazu zu bewegen ist, möglicherweise mit Verlusten die Wasserbetriebe an die jeweiligen Kommunen abzugeben.

Damit von Seiten der Bürgerschaft in den USA dieser Schritt erfolgreich unterstützt werden kann, erscheint es sinnvoll, die Verwendung von Begriffen wie „Konzernleitlinien“, „Corporate Governance“, Gemeinwohlorientierung, „Nachhaltigkeit“ oder auch Bürger-Partizipation etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Dazu ist festzustellen, dass sich RWE selbst in vorbildlicher Rolle sieht.
So ist RWE z.B. Mitglied im „Global Compact“, einer Initiative von UN-Generalsekretär Kofi Annan. Ziel dieser Initiative ist es, das Unternehmen Prinzipien aus den UN-Menschenrechts- grundsätzen, sowie den Sozial und Umweltstandards in ihre Unternehmenspolitik in Freiwilligkeit übernehmen.
RWE selbst hat einen beeindruckenden Verhaltenskodex verfasst und verabschiedet, der an wohl gesetzten Worten und Beteuerungen keine Wünsche offen lässt.
Ferner hat sich RWE selbstverpflichtet, den Unternehmensleitlinien der „Cromme-Kommision“ (Corporate Governance) freiwillig Folge zu leisten. RWE über sich selbst:
„… Derzeit ist RWE das einzige DAX 30 Unternehmen, das den Deutschen Corporate Governance Kodex uneingeschränkt in allen Punkten umsetzt…“

Dieser Corporate Governance Kodex ist eine Schöpfung aus der Ära Gerhard Schröder stammend, auch „Cromme-Kommission“ genannt, nach dem Kommissionsvorsitzenden Gerhard Cromme, vormals Vorstandsvorsitzender der Thyssen-Krupp AG. Die Kommission soll über die korrekte Führung von Großunternehmen wachen. Mit Herrn Gerhard Cromme hat sich ein Kenner der Materie dieses verantwortungsvollen Postens angenommen: Herr Cromme war bis 2001 Thyssen-Krupp Cheff und darüber hinaus in Aufsichtsräten bei Allianz, Lufthansa, EON, Hochtief, Siemens, Suez und Volkswagen u.a.
als Aufsichtsrat bei VW hat er die Jahrzehnte währende Korruption beaufsichtigt
Thyssen-Krupp hatte 1991 eine Million an die CDU „gespendet“, was durchaus im Zusammenhang mit den 36 Thyssen-Panzern gesehen werden kann, die nach Saudi Arabien geliefert wurden
Thyssen-Krupp zusammen mit Siemens hatte sich mitunter die höchsten staatlichen Subventionen einverleibt, im Rahmen des Projekts „Transrapid-Konsortium“
Seit kurzem droht Thyssen Krupp ein Millionen-Bußgeld, weil der Konzern im Bereich Elevator / Aufzüge mit anderen Firmen Preisabsprachen getroffen haben soll
Kurzum, Herr Cromme ist der richtig Mann für „Corporate Governance, das sieht man auch daran, dass in Papieren der Regierungskommission nicht eine Adresse der Regierung,- sondern direkt die Adresse der Thyssen-Krupp AG angegeben ist.
Damit wird verdeutlicht, dass Thyssen Krupp qualifiziert ist, sogar hoheitliche Aufgaben zu übernehmen. Und wie der Name schon sagt, reichen die Wurzeln von Thyssen-Krupp zurück bis zu Alfred Thyssen in Essen, dem Mitbegründer von RWE.
Bei dem Gesagten könnte der Eindruck entstehen, dass fast die gesamte Politik von Energiekonzernen „subventioniert“ und dirigiert wird. Eine Wahrnehmung, deren Wahrheitsgehalt sicher zukünftig genauer untersucht werden muss.

Aber zunächst zurück zum hauseigenen Verhaltenscodex des RWE-Konzerns, und da aus dem Artikel 4/17:
.“…RWE beschäftigt keine Mitarbeiter, die hauptberuflich öffentliche Ämter ausüben oder hauptberuflich öffentliche Mandate innehaben. Mit Vertretern dieses Personenkreises werden auch keine Beraterverträge oder ähnliche entgeltliche Vereinbarungen abgeschlossen…“

- Dagegen steht: bis 2004 haben Hermann-Josef Arentz, Cheff der CDU-Sozialausschüsse und Laurenz Meyer, ehem. Generalsekretär der CDU, von RWE jährlich € 60.000,00 erhalten, ohne erkennbare Gegenleistung (gemeint ist hier natürlich normale Arbeit..)
Herr Mayer bekam schließlich von RWE noch ein Trostpflaster, eine Abfindung in Höhe von
€ 400.000.- zum Auflösen seines „Arbeitsvertrages“ rückwirkend zum 31.12.2004.

- Oder: der RWE Führung liegt eine Liste der Innenrevision vor, nach der ca. 40 Politiker ein Gehalt von RWE beziehen und ca. 200 RWE Mitarbeiter gleichzeitig in der Regionalpolitik aktiv sind…(aus Financial Times Deutschland)

- Hinzu kommt, dass RWE (traditionell) hunderte von Politikern in so genannten Beiräten, Regionalbeiräten und mit Aufsichtsratsmandaten finanziell versorgt. Dabei wird mit der begrifflichen Verkleisterung lediglich verschleiert, dass es sich in Wirklichkeit um eine versteckte Vorteilsgewährung handelt, mit dem Ziel, dass die so finanzierten Politiker helfen, die strategischen Ziele von RWE durchzusetzen. Vergütet wird eine „Beiratstätigkeit“ derzeit mit bis zu € 7.250,00 pro Jahr, bei Teilnahme an 5 Sitzungen.

- Im Januar 2006 hat die Kölner Staatsanwaltschaft bestätigt, auch gegen die RWE-Tochter Thyssengas zu ermitteln, wegen der Mitfinanzierung von Vergnügungsreisen ausgewählter Politiker. Ermittelt wird in diesem Zusammenhang auch gegen mehr als 150 Kommunal-politiker und einige Manager. Der Journalist Franz Alt drückt es noch deutlicher aus: „…Die Politiker-Beiräte bei RWE sind faktisch Einrichtungen zur Bestechung der Kommunen…“

Interessant ist die Klärung der Frage, warum nicht, wie im Beamtengesetz vorgesehen, solche Einnahmen von Politikern über einen Freibetrag hinaus an die Stadt- oder Kreiskasse abgeliefert werden ?


Noch interessanter ist die Frage, warum in Deutschland Hunderte von Politikern, eher Tausende, Geld oder andere Vergünstigungen bekommen, als „Beiräte“ , als „Vergnügungsreisende“ oder ganz ohne erkennbare Leistung, obwohl der 1997 neu gefasste
§ 331 StGB u.a. die Vorteilsannahme im Amt mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe belegt ?!


Und weiter aus der RWE-homepage:
„… Um eine versteckte Einflussnahme auf politische Prozesse zu verhindern, legte der Vorstand des RWE-Konzerns im Mai 2000 fest, dass Spenden an politische Parteien und ihnen nahe stehende Vereinigungen oder Stiftungen verboten sind…“

dem kann man nur beipflichten, allerdings:
- Der Versicherungskonzern Allianz, Großaktionär bei RWE, überwies 2002 der CDU
€ 125.000.- und der SPD, Gerechtigkeit muss sein, den gleichen Betrag. Die Deutsche Bank, ebenfalls an RWE beteiligt, spendierte der CDU dazu noch € 260.000.- Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Und weiter mit dem RWE-Verhaltenscodex:
„…das Handeln von RWE und ihrer Mitarbeiter ist bestimmt durch Eigenverantwortung, Aufrichtigkeit, Loyalität sowie dem Respekt gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt…“ (Präambel im RWE-Verhaltenscodex)

- Was RWE-Thames Water anbelangt, dürfte das Behauptete nicht zutreffen. Allein 1999 bis 2002 wurde Thames Water in über 20 Fällen in England und Wales zu über 450.000 Pfund Bußgeld verurteilt und setzte sich damit auf Platz 1. im Ranking der Umweltkriminellen. Trotz dieser Verurteilungen kam es zu keiner nennenswerten Verhaltensänderung des Konzerns,
weil offenbar solche Bußgelder „peanuts“ sind und eine akzeptable „Betriebsausgabe“ darstellen. Oder anders gesagt: die Bußgelder sind günstiger als ein respektvoller Umgang mit der Umwelt.

- Oder, um noch in England zu bleiben: jeden Tag versickern allein im Londoner Leitungsnetz
über 900 Millionen Liter Trinkwasser, weil das Tollerieren des Verlustes für RWE-Thames Water günstiger ist, als die Reparatur der Rohrleitungen. Die Kosten der Umweltbelastung tragen, wie meistens, hinterher die Bürger.

- besonders abgebrüht und kaltschnäuzig muten die Lippenbekenntnisse von RWE zur Umwelt auch deshalb an, weil RWE nach wie vor einer der großen Atomstromriesen ist und die Umwelt für tausende von Jahren, auch für die nachkommenden Generationen, mit radioaktivem Müll verseucht. Die berüchtigten Atommülltransporte, sowie die sogenannte „Endlagerung“ wurden und werden nötigenfalls gewaltsam durchgesetzt. Die politische Unterstützung dazu war unter allen Regierungen stets ausreichend abgesichert.
(RWE Kernkraftwerke: Biblis, Lippe-Ems Gmb/Lingen, Grundremmingen, Mülheim-Kärlich)

- über die von RWE betriebene Verstromung von Braunkohle findet eine besonders hoher Co2-Ausstoß statt, der wohl höchste in Europa. Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hatte zu seiner Amtszeit (Rot-Grün) das Gesetz für den Emissionshandel so ausgestaltet, dass es für die RWE-Braunkohle-Emissionen günstig ausfiel. Nun, im Februar 2006, hat Herr Clement einen Posten als Aufsichtsrat bei RWE-Power bekommen, der für Braunkohle- und Kernenergie zuständigen RWE-Tochter. Ein verspätetes „Dankeschön“?
Zufall ? oder Verflechtung ?

Ferner beschäftigt sich der RWE-Verhaltenscodex ausgiebig mit dem Thema Korruption:
„…monetäre Zuwendungen von Dritten darf ein RWE-Mitarbeiter weder fordern oder entgegennehmen, noch anbieten oder gewähren. Dies gilt ohne Ausnahme und insbesondere gegenüber Amtsträgern, auch solchen ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen…“( RWE-Verhaltenscodex Art. 12, Außenbeziehungen)

Dagegen steht wieder die düstere Realität:
- In Lesotho wurden 2003 die RWE-Tochterunternehmen Lahmeyer Consulting Engineers, Concor und Hochtief (inzwischen gehört Hochtief nicht mehr zu RWE) wegen Bestechung im Zusammenhang mit dem „Lesotho Highland Water Project“ zu Strafzahlungen von insgesamt 1,48 Millionen US-Dollar verurteilt !
- Ein anderes Beispiel sind die internationalen Aktivitäten der RWE-Tochter Thames Water in Indonesien. Jahr 1995 begannen Verhandlungen zwischen Thames Water und dem damaligen Indonesischen Diktator Suharto mit dem Ziel, zusammen mit Suez die Wasserversorgung der Hauptstadt und Mega-Metropole Jakarta übernehmen zu wollen. Weil die damaligen Gesetze keine Beteiligung ausländischer Unternehmen an der Wasserversorgung zuließen, hatte der Diktator im Juli 1996 kurzerhand dieses Gesetz außer Kraft gesetzt. Danach, 1997 wurde die Privatisierung beschlossen und dem Sohn des Diktators, Sigit Suharto eine fetten Beteiligung an der neuen Gesellschaft vermacht. Ein Korruptions-Vorgang, der bis heute nicht wirklich aufgearbeitet wurde. 1998 folgte der Sturz des Diktators, die Verträge mit Thames Water wurden annulliert, aber kurze Zeit später wieder neu verhandelt. Heute sind immer noch-, oder wieder Suez und Thames Water die privaten Wasserversorger in Jakarta, mit dem hinlänglich bekannten Leidensweg für die Bevölkerung. Immer wieder Erhöhungen des Wasserpreises, schwere Verunreinigungen, unter anderem mit Schwermetallen und Reinigungsmitteln, sowie die Belastung durch einen Knebelvertrag, der festlegt, dass bei vorzeitiger Beendigung alle Investitionen des Investors an diesen zurückgezahlt- (die Einnahmen darf RWE-Thams Water natürlich behalten) und dass die vereinbarten Profite für die Vertragslaufzeit an den Konzern gezahlt werden müssten. Im Jahre 2003 wurde schließlich der Britische Botschafter eingeschaltet, um bei der Regierung eine weitere Wasserpreiserhöhung durchzusetzen. Anfang 2004 wurde daraufhin der Wasserpreis um weitere 30 % erhöht.

Wenn das Wasser in Indonesien zu sehr verschmutzt ist, gibt es für die Bürger eine Alternative: sie können dann vom französischen Konzern Danone ihr eigenes Wasser in Flaschen abgefüllt (zurück-)kaufen, natürlich zu einem viel höheren Preis. Von Danone und anderen Multis wurden bereits viele Quellen in Indonesien „geplündert“ und zu Rendite-Maschinen umfunktioniert.

Oder ein anderer Passus aus dem Kodex, der besonders interessant klingt:
„… RWE erkennt die Mitverantwortung des Unternehmens und seiner Mitarbeiter für die Entwicklung des Gemeinwohls ausdrücklich an…“ ( Art. 17 Außenbeziehungen, RWE-Verhaltenscodex)

Werfen wir dazu einen Blick nach Berlin. Seit die Finanzsenatorin Anette Fugmann-Heesing (SPD) das Ruder übernommen hatte, war das „Tafelsilber“ nicht mehr sicher und sie verscherbelte städtische Wohnungen, Strom- und Gasbetriebe ganz und die Wasserbetriebe von Berlin zu
49,9 % an ein Konsortium aus RWE-Thames Water und Vivendi, heute Veolia.
Die Bilanz bis heute: um 25% gestiegene Wasserpreise, Abverkauf von wertvollen Grundstücken, Halbierung der Erhaltungsinvestitionen, sowie ein dreister Knebelvertrag, der den Steuerzahler zig Millionen kostet: es wurde eine Renditegarantie von ca. 8 % auf das betriebsnotwendige Kapital der Wasserbetriebe vereinbart-, also auf eine ständig steigende Bemessungsgrundlage-, und das für einen Zeitraum von 28 Jahren! Das bedeutet eine vertragliche Absicherung wachsender Rendite zu Gunsten von RWE und Veolia und zu Lasten der Bürger ! Wie kann es kommen, das Politiker solche absurden –natürlich geheim gehaltenen- Verträge unterzeichnen, obwohl Sie in ihrem Amtseid geschworen haben, die Interessen der Bürgerschaft- und nicht die der Konzerne zu vertreten? Viele Berliner fordern deshalb aktuell die Re-Kommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe und die Offenlegung der Geheimverträge! Damit sieht sich RWE im eigenen Land mit den gleichen Forderungen konfrontiert, wie sie derzeit auch in den USA erhoben werden.

Zum Thema Gemeinwohl hat RWE aber noch mal einen draufgesetzt: in einer 62-Seiten Lektüre „Planet Water, Liquid thinking, practical Solutions“ sind wunderschöne Wasserbilder zu finden, endlose Erklärungen darüber, wie RWE die Wasserprobleme der Welt lösen-, und wie sich die geballte „Mitmenschlichkeit“ über den Planeten ergießen soll.
(web: www.rwethameswater.com und da unter publications& download )

Im Bezug auf die konkreten Auseinandersetzungen in den USA, wo die Bürger ihr Wasser in öffentlicher Hand haben wollen, sind folgende Sätze wichtig:

1. „…Thames Water möchte nur geschäftliche Beziehungen zu Menschen unterhalten, die mit uns auch Geschäfte tätigen wollen, nicht aber mit Menschen, die gezwungen werden, gegen ihren Willen, mit dem Privatsektor zu verhandeln…

2. … Thames Water unterstützt nicht die Bestrebungen der WTO oder anderer multilateraler Institutionen, staatliche Autoritäten zu zwingen ihren öffentlichen Bereich zu liberalisieren…

3. … bei der erfolgreichen Planung und Bereitstellung von Dienstleistungen arbeitet RWE Thames Water mit den wichtigen „Stakeholders“ zusammen, wie den lokalen Regierungen, den lokalen Beschäftigten und den lokalen Gemeinschaften….“

Wenn man diese drei Sätze von RWE ernst nimmt, und das muss man im konkreten Fall, dann bestehen gute Chancen, dass die Bürger in den USA ihr Wasser zurückbekommen.


Zusammenfassend und abschließend stellt sich die Frage, was können Einzelne tun, was können aktive Gruppen und Initiativen tun, um die Bürger in den USA
(und natürlich auch in Berlin) bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen ?

- Um wirklich sicher zu gehen, das RWE die Ernsthaftigkeit des Anliegens erkennt, ist es erforderlich, dass die internationale Gemeinschaft mit mobilisiert und das Anliegen der Bürger in den USA mit unterstützt und diese Nachricht so weit wie möglich verbreitet. Besonders wichtig ist dabei die Verbreitung in Deutschland, da nun mal der Hauptsitz des Multi-Utility-Konzerns RWE in Deutschland ist.

- Hilfreich sind ebenso alle Gespräche, die im Rahmen- oder vor den Toren der nächsten RWE Hauptversammlung stattfinden wird, in der Grugahalle am Donnerstag,
dem 13. April in Essen.

- Eine andere Form der Unterstützung könnten Gespräche mit den kommunalen Aktionären von RWE sein, die unter dem Dach des VKA organisiert sind (Verband der kommunalen RWE-Aktionäre GmbH, Dreilindenstrasse 71, 45128 Essen,
Tel. 0201 – 22 13 77, Fax: 0201 – 22 29 74

- Sinnvoll sind sicherlich auch Gespräche mit- oder Briefe an die RWE-Zuständigen oder Vorstände: Herr Harry Roels, Vorsitzender, sowie Herr Dr. Klaus Sturany, Herr Berthold Bonekamp, Herr Jan Zilius und Herr Alwin Fitting, oder Herr Dr. Thomas R. Fischer, Vorsitzender des Aufsichtsrats. (Hinweis: Herr Harry Roels wird voraussichtlich Verständnis für die Forderung der Bürger in den USA haben, weil in seinem Heimatland, den Niederlanden, seit Jahren die Privatisierung der Wasserversorgung verboten ist.)
Adresse:RWE AG, Opernplatz 1, 45128 Essen, Web: www.rwe.com
Telefon: 0201 – 12 00, Fax: 0201 – 12 15 744
Wenn genügend Menschen helfen, kann es gelingen, dass neben Städten wie El Alto, La Paz, Cochabamba, Santa Fe, Atlanta, Grenoble, Potsdam, u.a. die Bürger ihr Wasser zurückbekommen und sich die Liste der erfolgreichen Rekommunalisierungen um weitere Städte und Gemeinden verlängern lässt !


Kontakt in den USA bezüglich dieses Aufrufs:
Victoria Kaplan, nationale Koordinatorin von „Food and Water Watch“
Telephon aus Deutschland: 001 – 202 – 797 – 6556
1400 16 th St NW, Suite 225
Mail: vkaplan@fwwatch.org
Web: www.foodandwaterwatch.org

12 Januar 2006

Ein Regierungssozialist in Aktion. Gaspreisexplosion jetzt doch kein Fall fürs Kartellamt

Zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten hat die Gasag die Preise erhöht.

Seit gestern müssen Privatkunden zwischen 8 und 12 Prozent mehr zahlen. Für einen Durchschnittshaushalt sind das rund zehn Euro im Monat. Die Tarife waren zuletzt im Oktober und davor im Dezember 2004 gestiegen. Innerhalb eines Jahres ist Erdgas für die Berliner Privathaushalte damit fast um ein Drittel teurer geworden.

Kritik an ihrer Preispolitik weist die Gasag zurück und verweist auf den Weltmarkt.

In der Tat sind die Grenzübergangspreise für Gasimporte im selben Zeitraum nach Erhebungen des Bundesamtes für Wirtschaft sogar um 40 Prozent gestiegen.

Hintergrund ist eine mehr als 30 Jahre alte Vertragsvereinbarung zwischen deutschen Gas-Importeuren und Exporteuren aus den Förderländern: die so genannte Ölpreisbindung, die die Preisschwankungen beim Rohöl auf die Gastarife überträgt. Rohöl ist seit 2004 um mehr als 80 Prozent teurer geworden.

Bundeskartellamt, Verbraucherschutzorganisationen wie auch die Europäische Kommission kritisieren die Bindung als überholt - eine überzeugende Strategie gegen das internationale Gaskartell ist bislang jedoch nicht erkennbar.

In Berlin versorgt die Gasag als Monopolist rund 660.000 Haushalte. Ob ihre Preise tatsächlich den Kosten entsprechen oder doch überhöht sind, könnte nur eine detaillierte Offenlegung der Kalkulation zeigen.

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) hatte erst im Oktober eine kartellrechtrechtliche Prüfung angekündigt, falls der Versorger im Januar nochmals die Preise erhöhe. Dies ist nun geschehen. Wird der Senator ein Prüfverfahren einleiten? Jetzt will die Wirtschaftsverwaltung nur noch geplante "Gespräche mit der Gasag" bestätigen und teilt mit: "Bisher ergab die Beobachtung der Gasag keine Ansatzpunkte für ein Eingreifen der Kartellbehörde."