31 März 2005

Von: Jörn Boewe An: SENFIN Pressestelle

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ich hätte einige Fragen (...)

1. Ich kann im Haushalt 2004/2005 keine Konzessionsabgabe der BWB finden. Wird eine solche nicht mehr erhoben, oder falls sie erhoben wird, wie hoch ist sie?
2. Die Gewinnablieferung der BWB an das Land ist für 2004 mit 7 Mio. EUR, für 2005 mit 10 Mio. EUR angesetzt. Frage: Wie hoch war die Gewinnablieferung im Jahr 2003? Wie hoch war die tatsächliche Gewinnablieferung in 2004?
Das letzte veröffentlichte Jahresergebnis der BWB stammt von 2003 und beträgt 116 Mio. EUR. Wie erklären sich die vergleichsweise niedrigen o.g. Gewinnablieferungen?
3. Im November 2003 rechnete die Senatsverwaltung für Finanzen auf Anfrage der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus ein Rückkaufszenario für die privatisierten Anteile der BWB durch. Ein sofortiger Ausstieg aus dem Konsortialvertrag hätte nach diesen Berechnungen Ende 2003 eine Rückzahlung von rund 2 Mrd. EUR bedeutet. Wie hoch wäre die entsprechende Rückzahlsumme, wenn das Land heute entsprechend diesem Szenario den Vertrag kündigen würde?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen ..."

29 März 2005

Von: SENWAF Pressestelle An: Jörn Boewe

" ... zu 1: das wäre der Rückkauf der Anteile von den privaten Anteilseignern
zu 2: Nutzen für das Land Berlin: Know-how der privaten Anteilseigner wurde bei der BWB eingebracht
zu 3: wirtschaftliche Folgen:Entwicklung der Wasserpreise- Die Tarife ergeben sich aus der Wassertarifverordnung, die unabhängig davon Geltung besitzt, ob das Land Berlin 100% Eigentümer ist oder nur zu 50,1%.
Arbeitsplätze - Mit dem Teilprivatisierung ging ein Kündigungsschutz bis 2015 einher. Die Arbeitsplatzsicherung ist somit gewahrt. Ein mit den notwendigen Effizienzsteigerungen einhergehender Personalabbau erfolgt über verschiedene sozialverträgliche Instrumente, wie z.B. Altersteilszeit und Abfindungen.
Entwicklung der Investitionen - Im Rahmen der Teilprivatisierung wurde eine bestimmte Investitionssumme über einen Zeitraum von 10 Jahren vereinbart, um insbesondere die hohe Wasserqualität im gesamten Einzugsgebiet zu sichern und Rohrschäden zu minimieren.
Vergabe von Aufträgen: Die Vergabe von Aufträgen erfolgt ebenfalls unabhängig von der Gesellschafterstruktur. Vielmehr erfolgt dies mit Blickpunkt auf die Kostenminimierung und Effizienzsteigerung der BWB und damit einhergehend mit Blickpunkt auf die Tarifstabilität
Entwicklung der wirtschaftlichen Erlöse: Das Land Berlin hat mit dem Verkauf einen entsprechend hohen Verkaufspreis erzielt. Die BWB wird auf Basis der Wassertarifverordnung weiterhin entsprechende Gewinne erwirtschaften. Diese werden, soweit keine disproportionale Gewinnverteilung erfolgt (siehe hierzu 4.), entsprechend der Gesellschafteranteile aufgeteilt
Zu 4: Die disproportionale Gewinnverteilung basiert auf dem Konsortialvertrag. Das Land Berlin hat im Gegenzug einen entsprechenden Verkaufspreis im Jahre 1999 erzielt. Eine disproportionale Gewinnverteilung erfolgt insbesondere im Hinblick auf verträgliche Tarifsteigerungen bzw. auf Tarifstetigkeit und somit zugunsten der Tarifkunden. Die disproportionale Gewinnverteilung wird planmäßig bis 2007 erfolgen, wobei erstmals in 2004 eine stattgefunden hat ..."

22 März 2005

Von: Jörn Boewe An: SENWAF Pressestelle

"Vielen Dank für Ihre Antwort, nur ein paar Einzelheiten wüsste ich ganz gern noch etwas genauer:

1. Sie sprechen vom "für das Land Berlin günstigeren Fortführungsszenario". Welche anderen (ungünstigeren) Szenarien gibt es denn aus Sicht der Wirtschaftsverwaltung sonst noch?
2. Welchen Nutzen hat der Teilverkauf der BWB dem Land Berlin gebracht?
3. Wie bewertet der Wirtschaftssenator die wirtschaftlichen Folgen der (Teil-)Privatisierung der BWB, insbesondere hinsichtlich
- der Entwicklung der Wasserpreise
- der Arbeitsplätze
- der Entwicklung der Investitionen
- der Vergabe von Aufträgen an die regionale Wirtschaft, vor allem bei Wartung und Instandhaltung
- der Entwicklung der wirtschaftlichen Erlöse für das Land Berlin?
4. Zu letzterem Punkt würde mich noch interessieren, in welcher Höhe das Land Berlin zugunsten der privaten Teilhaber im Zuge der disproportionalen Gewinnaufteilung auf wirtschaftliche Erlöse bislang verzichtet hat und wie die Prognose für die nächsten Jahre aussieht ..."

Von: SENWAF Pressestelle An: Jörn Boewe

Von: SENWAF Pressestelle
An: Jörn Boewe

" ... Die von Ihnen genannten Zahlen kann ich so nicht nachvollzeihen, aber das Land Berlin hat sich im Bezug auf die Wasserbetriebe für das für das Land Berlin günstigere Fortführungsszenario entschieden.Ob Herr Sarrazin sich verrechnet hat oder in welchem Kontext er diese Äußerungen getan hat, müssten sie bitte ihn selbst befragen.Mit freundlichen Grüßen ..."

19 März 2005

Die Berliner haben Wasser im Überfluss ...

Die Berliner haben Wasser im Überfluss, doch die Kubikmeterpreise, die sie dafür zahlen, gehören zu den höchsten in Europas. Der Preise gingen nach oben, nachdem die Stadt die Hälfte ihrer Anteile an den Wasserwerken an zwei transnationale Konzerne verkaufte.

Damit die beiden Konzerne kein unternehmerisches Risiko eingehen mussten, garantierte ihnen die Stadt eine Mindesrendite. Diese soll - egal wie die Geschäfte laufen - immer 2 Prozent über der Rendite langfristiger Bundesanleihen liegen. Im Moment sind das etwa 8,2 Prozent.

Berlin erzielte 1999 für die 49,9 Prozent Anteile einen Verkaufspreis von knapp 1,69 Milliarden Euro. Die Renditegarantie gilt für 28 Jahre und sichert den beiden Konzernen Einnahmen, die auf das heutige Datum "abgezinst" - wie das die Buchhalter nennen - einer Summe von 3,25 Milliarden Euro entsprechen.

In einem Papier, das wohl nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, aber irgendwie dieser Tage in meine Hände fiel, hatte der Finanzsenator Ende 2003 augerechnet, dass es ca. 2 Mrd. EUR kosten würde, wenn man die privatisierten Anteile von den beiden Konzernen zurückkaufen würde.

Die Erfüllung des Vertrages mit den privaten Shareholdern, so Sarrazin seinerzeit, würde Berlin dagegen 3,25 Mrd. kosten.

Also nochmal:

Fortführung des Vertrages - 3,25 Mrd. EUR
Ausstieg und Rückkauf der Wasserbetriebe - 2 Mrd. EUR.

Die Stadt, deren Finanzen ja nicht so rosig aussahen, würde also eine gute Milliarde einsparen.
Ich meine, das waren ja zwei ziemlich klare Alternativen.

Die Sache begann mich zu interessieren.

Ich schrieb eine Anfrage an die Senatsverwaltung für Wirtschaft, die sich unter der Führung von Senator Harald Wolf befand, eines PDS-Mannes, der 1999 noch als Oppositionsführer im Abgeordnetenhaus gegen die Privatisierung oder zumindest gegen die dubiose Geheimniskrämerei, mit der sie durchgezogen wurde, gekämpft hatte.

Ich schloss meinen Brief mit der Frage:

"Kann man also sagen, dass die Senatsverwaltung für Wirtschaft die Variante verfolgt, bei der Berlin eine Milliarde draufzahlt und am Ende ohne Wasserwerke dasteht?
Wenn ja - warum eigentlich?"