06 Dezember 2005

AW: normale Frage

From: Matthias.Kolbeck@senfin.verwalt-berlin.de
To: jboe@fab.de ; mail@jboe-reporting.de
Sent: Tuesday, December 06, 2005 7:50 PM
Subject: AW: normale Frage


Sehr geehrter Herr Boewe,

um ein Mißverständnis, ob absichtlich oder unabsichtlich, handelt es sich in der Tat - und zwar auf Ihrer Seite. Offenbar sind Sie der Auffassung, das Papier, dessen erste Seite Sie mir geschickt haben, stelle mit "Szenario 1" und "Szenario 2" die Alternativen "Zurückkaufen" vs. "Status Quo" einander gegenüber. Das ist aber nicht der Fall, und daher sagt dieses Papier auch mitnichten aus, dass ein Rückkauf für das Land Berlin wirtschaftlich vorteilhaft sei.

Lesen Sie einfach genau, dann wird es deutlich: Beide Szenarien beziehen sich auf die (irreale) Überlegung eines "Rückkaufs" und beschäftigen sich mit der Frage, welche Zahlung die Investoren in einem solchen Fall vom Land Berlin verlangen würden bzw. könnten - also den zu erwartenden Lasten im Fall eines Vertragsbruchs durch das Land Berlin. Szenario Eins fusst auf der Annahme, es müsse dann "nur" der Kaufpreis zurückerstattet werden. Szenario Zwei fusst (grob überschlägig) auf der Annahme, die Investoren würden in einem solchen Fall versuchen, für die ihnen auf lange Sicht (auch in der Zukunft) entgehenden Erträge entschädigt zu werden - was wahrscheinlich wäre. Wie Sie sehen, widerspricht dies nicht der von Ihnen zitierten Feststellung aus dem Widerspruchsbescheid in Sachen Akteneinsicht: Eine Berechnung der Senatsverwaltung für Finanzen, dass der Ausstieg aus den Privatisierungsverträgen um mindestens eine Milliarde Euro günstiger für das Land Berlin wäre als die Fortführung der Verträge, existiert nicht.

Wir pflegen übrigens weder Bürger noch Journalisten zu belügen, ich finde diesen Vorwurf ungeheuerlich. Vielleicht sollten Sie es in Ihrer Berichterstattung zum Thema zunächst einmal selbst mit der Wahrheit genauer nehmen - auch wo sie vielleicht nicht zu ihrem vorgefassten Erklärungsmuster ("Teilprivatisierung=Gaunerei") passt. Man kann von einem Journalisten erwarten, dass er auch Fakten zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt, die seiner ursprünglichen Arbeitshypothese nicht entsprechen. Ihr 'Waterblog' folgt leider offenbar anderen Prinzipien: Legendenbildung und Verschwörungstheorie unter Ausblendung der nicht ins vorab festgelegte Bild passenden Aspekte der Realität. Sie wollen ihren Lesern ja nicht einmal die simple Wahrheit zumuten, dass ohne die privaten Mitgesellschafter das Land/der Steuerzahler z.B. auch die Abwicklung der finanziellen Altlasten Schwarze Pumpe und Berlikomm allein zu tragen gehabt hätte - eine Belastung im dreistelligen Millionenbereich.

Mit besten Grüßen,

Matthias Kolbeck
- Pressesprecher -
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