06 Dezember 2007

Teilsieg im Volksbegehren

Unterschriftenliste fast komplett: »Schluß mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück«. Noch bis 31. Januar wird gesammelt

Von Jörn Boewe, jW 6. Dez. 2007

Die erste Hürde im Volksbegehren für die Offenlegung der Verträge über die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) ist praktisch genommen. Bislang seien 19128 Unterschriftsbögen im Organsiationsbüro eingegangen, heißt es in einer Erklärung des »Berliner Wassertischs« vom Mittwoch. »Immer mehr Menschen beteiligen sich und sammeln für unseren Gesetzentwurf entweder im unmittelbaren persönlichen Umfeld oder aktiv in der Öffentlichkeit«, erklärte Thomas Rudek, einer der Initiatoren des Volksbegehrens. »Viele wußten nichts von den Geheimverträgen zwischen dem Berliner Senat und den Konzernen RWE und Veolia und sind nun entsetzt, wie wir von Politik und Wirtschaft informativ entmündigt werden«, so Rudek weiter.

1999 hatte der damalige CDU-SPD-Senat 49,9 Prozent der BWB an die beiden Konzerne RWE und Vivendi (heute Veolia) verkauft. Die Stadt erhielt knapp 1,69 Milliarden Euro. Die beiden Konzerne bekamen vom Senat im Gegenzug eine Renditegarantie für 28 Jahre. Die beschert ihnen Einnahmen, die, auf das heutige Datum »abgezinst« – wie das die Buchhalter nennen – einer Summe von 3,25 Milliarden Euro entsprechen. Der Vertrag wird bislang geheimgehalten.

Allerdings hat das Volksbegehren die Dinge schon ein bißchen durcheinandergewirbelt. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke), dessen Haus bislang als Trutzburg der Geheimniskrämerei galt, sprach sich am 11. Oktober im Abgeordnetenhaus für eine Offenlegung der Verträge aus – sofern die privaten Teilhaber nichts dagegen hätten. Fünf Tage zuvor hatte Veolia-Sprecher Helmut Lölhöffel öffentlich erklärt, daß sich sein Unternehmen einer Offenlegung nicht entgegenstellen würde. »Der Senat weiß, daß wir für eine weitgehende Veröffentlichung sind«, bekräftigte Lölhöffel Ende Oktober gegenüber jW. Im übrigen sei das schon seit längerem die Position von Veolia.

Nicht so eindeutig liegen die Dinge bei RWE. Dort prüft man seit einigen Wochen, konnte sich aber bislang nicht zu einer abschließenden Position durchringen. »Da hängt einiges dran, und wir wollen nichts gegen den Senat unternehmen«, so Eric Beckedahl, Leiter des »Projekts Berlin« bei REW Aqua gestern gegenüber jW. Von den Äußerungen Wolfs sei man »überrascht« gewesen, denn bislang habe »sich der Senat immer anders positioniert«. Jetzt suche man zunächst Antwort auf die Frage: »Wie sieht der Senat das wirklich?«

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat sich zu den Ankündigungen Wolfs bislang nicht geäußert. Ende Oktober hieß es auf Nachfrage, man prüfe, gestern prüfte man noch immer. Das Problem ist, daß man bei der Finanzverwaltung (SenFin) in dieser Angelegenheit nie sicher sein kann, wer prüft – die Verwaltung selbst oder die Anwälte von Freshfields Bruckhaus Deringer. Bescheide, mit denen SenFin in den letzten Jahren Anträge auf Akteneinsicht in die Geheimverträge ablehnte, waren in weiten Teilen wortgleich mit einem Gutachten, das die internationale Wirtschaftskanzlei für die privaten Anteilseigner erstellt hatte.

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